IZALINE CALISTER

 

SOÑO DI UN MUHÉ
(One Woman's Dream)

EXIL 9673-2
LC 8972

Von Curaçao kennt die Welt nur den Likör. Tiefblau und betörend gehört er zu den Grundbestandteilen karibischer Drinks, gibt ihnen Farbe, Charakter und Geschmack. Er ist ein Sinnbild für das Paradies seiner Herkunft. Denn als größte Insel der Niederländischen Antillen vor der Küste Venezuelas ist Curaçao ein besonderes Fleckchen Erde, dessen Reiz noch nicht von den Massen der Touristikindustrie entdeckt wurde. Wie auch seine Musik bislang zu den gut gehüteten Geheimtipps der südamerikanischen Klangwelt gehört.

Izaline Calister kann Geschichten über die Musik aus Curaçao erzählen: "Eigentlich war es eine eigenartige Entwicklung. In früheren Zeiten zwangen die Kolonialherren ihre afrikanische Sklaven, europäische Salonmusik zu spielen. In Erinnerung an ihre Heimat wollten sie Mazurkas, Walzer und ähnliche Stücke hören. Doch das funktionierte nur bedingt. Bald mischten sich zu den Klängen aus Europa afrikanische Rhythmen und Interpretationsformen. So entstand eine typische und eigenständige Mixtur, die auch von den Einheimischen gepflegt wurde. In den vergangenen Jahrzehnten wiederum orientierte sich der Geschmack an dem, was von außerhalb kam, Salsa, Merengue, Popmusik. Nur ein paar alte Bands spielten noch die Lieder von früher, die dann tatsächlich klangen wie vor fünfzig Jahren. Erst jetzt ändert sich diese Situation ein wenig, seitdem gut ausgebildete junge Musiker wieder nach Curaçao zurückkehren und jazzige, improvisierende Elemente mitbringen".

Izaline Calister lächelt, denn sie ist selbst an diesem Prozess der Verwandlung beteiligt. Obwohl sie seit den neunziger Jahren in Holland lebt, liegt ihr der Sound der Insel am Herzen. Sie scheint damit auch die Gefühle ihrer Zeitgenossen zu berühren. Als sie vor wenigen Monaten ihr Solo-Debüt Soño Di Un Muhé in ihrer Heimat vorstellte, kletterte das Album sofort an die Spitze der Charts. Die Konzerte wurden umjubelt, sie und ihre Band als Innovatoren gefeiert.

Dabei entstand das Album durch einen Zufall: "Vor etwas mehr als einem Jahr hatte ich gesundheitliche Probleme mit meinen Ohren. Tinitus, eine sehr unangenehme Sache. Für mich war das ein Zeichen, mich ein wenig zurückzunehmen und die Sachen zu machen, die mir wirklich am Herzen lagen, mich glücklich machten. So traf ich mich immer wieder mit ein paar Freunden und spielte mit alten Melodien und eigenen Einfällen herum. Über mehrere Monate hinweg entstand ein Repertoire, das Rhythmen und Motive aus Curaçao mit aktuellen Einflüssen vermischte. Das haben wir Schritt für Schritt aufgenommen, bis tatsächlich ein Album daraus wurde". Die Zeit tat der Musik gut. Man merkt ihr an, dass sie organisch gewachsen ist und nicht auf den Vordergrund blendender Wirkung setzt. Und dass Calister reichlich künstlerische Erfahrung mitbringt, die den Klängen Emotionalität und Intensität verleiht.

Denn schon als Kind sang sie in ihrer Heimat im angesehenen Chor Perlitas, war in Fernsehshows zu sehen und nahm mit dem Ensemble mehrere Platten auf. Im Alter von 18 Jahren zog sie in die Niederlande, schloss ein Wirtschaftsstudium ab und verfeinerte ihre stimmlichen Fertigkeiten mit einer Gesangsausbildung am Konservatorium von Groningen. Calister verschaffte sich den Ruf einer kompetenten Interpretin südamerikanischer Musik und wurde 1995 vom Pianisten Jasper van’t Hof aufgefordert, bei der Tour zum 15jährigen Jubiläum von Pili Pili mitzuwirken. Seit 1997 singt sie fest bei den Dissidenten und pflegt darüber hinaus eigene Formationen wie das Duo Sourrio mit dem Gitarristen Rob Elfrink, die Combo Aquarela Do Brasil und verschiedene Projekte mit dem Pianisten Michiel Borstlap.

So ist Soño Di Un Muhé einerseits das Konzentrat aus einem Jahrzehnt künstlerischer Erlebnisse, zum anderen ein sehr persönliches Statement zu einer bislang kaum beachteten Musikkultur, das Calister zusammen mit vielen Freunden von daheim in Holland aufgenommen hat. Es sind Impressionen der akustischen Gegenwart,der individuellen Entwicklung und kollektiven Empfindung, die weit über den Standard südamerikanischer Popularmusik hinaus reichen: "Meine Lieder handeln vom ganz normalen Leben der Menschen, von persönlichen Tragödien, von glücklichen Momenten oder auch dem Mann, der vor dem Fenster vorbei geht und dem man am liebsten folgen möchte. Außerdem habe ich zwei Traditionals adaptiert: 'Plegaria', ein Lied, das in Curaçao jeder kennt, so wie man in Brasilien die Songs von Jobim verinnerlicht hat. 'Fiesta di piskadó' wiederum ist eine Geschichte, die von den Fischern erzählt, die mit großem Fang nach Hause kommen und ein großes Fest feiern. Es ist in mancher Hinsicht ein bemerkenswertes Stück, denn wir haben versucht, dabei im Besonderen die verschiedenen Musikkulturen klanglich zu verbinden. Der Gitarrist zum Beispiel spielt eindeutig afrikanischen Linien, dem die Perkussion typische Rhythmen aus Curaçao entgegen setzt. Dazu kommt die Sprache Papiamento, eine spezielle kreolische Mischung mit afroportugiesischen und spanischen Elementen".

Und das alles zusammen macht Soño Di Un Muhé zu einem ungewöhnlich ausdrucksstarken und dennoch unterhaltsamen Album, mit dem sich Izaline Calister als neue, eigenständige Stimme Südamerikas empfiehlt.

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