Cumbancha presents

Novalima

CobaCoba

EXIL 92108-2 / LC 08972/ VÖ: 23.1.2009 / DISTRIBUTION: INDIGO

 

1. Conchaperla ( ) 4’11”
2.Libertá ( ) 3’40”
3. Se Me Van ( ) 4’37”
4. Ruperta / Puede Ser ( ) 4’04”
5. Africa Landó ( ) 4’18”
6. Coba Guarango ( ) 4’07”
7. Camote ( ) 4’26”
8. Mujer Ajena ( ) 3’51”
9. Tumbala ( ) 4’00”
10. Kumaná ( ) 5’23”
11. Yo Voy ( ) 3’49”
12. Bolero ( ) 3’37”

Peru war der westlichste Außenposten des schwarzafrikanischen Sklavenhandels. Dieser unrühmliche Superlativ hat eine einzigartige afro-pazifische Kultur hervorgebracht und eine Musik, die unter allen lateinamerikanischen Klängen mit schwarz-afrikanischer Basis unverkennbar ist. Diven wie Susana Baca oder Eva Ayllón haben die afro-peruanischen Lieder ins Bewusstsein der Weltmusikgemeinde gebracht und auf die Bühnen aller Kontinente.

Nun erklimmen diese eine weitere Stufe: Mit NOVALIMA ist die Tradition der Schwarzen Perus in der Clubkultur angekommen – und das nicht als Zierrat, sondern als clevere Synthese mit dem urbanen und archaischen Anteil auf Augenhöhe. Mit seinem dritten Album stellt sich das Projekt nun auch bei uns vor: Coba Coba ist ein verblüffend organisches und durchweg tanzbares Gesamtkunstwerk zwischen Landó, Marinera, Dub, Reggae, Salsa, Soca, Funk, Broken Beat und HipHop.

Bereits im 16. Jahrhundert wurden Schwarzafrikaner von den spanischen Kolonialherren an die peruanische Küste gewaltsam verschleppt, um dort in den Minen zu arbeiten - eine grausame Praxis, die bis in die Mitte des 19. Jahrhundert anhielt. Die Traditionen der Deportierten schlugen dort neue Wurzeln. Tänze, Lieder und Instrumente vermählten sich mit hispanischen Elementen, aber auch mit den Klängen der indianischen Anden-Kultur. Das reiche Repertoire, das aus diesem spannenden Hybrid erwuchs, fristete bis vor wenigen Jahrzehnten allerdings ein ausgegrenztes Dasein im gesellschaftlichen Leben Perus. Seine charakteristischen Rhythmen findet man in etlichen Genres, darunter sind drei die wichtigsten: Der getragene, „bluesige“ Landó mit seinem Call-and-response-Schema, die anmutige Marinera, die ursprünglich als Werbetanz mit einem Taschentuch getanzt wurde, und der lebhafte, ausgelassene Festejo.

Nicomedes Santa Cruz ist die erste Persönlichkeit, die als schwarzer Volkssänger Perus der 1950er und 60er mit Plattenaufnahmen und Gedichtsammlungen aus dem Dunkel der Historie auftaucht und seiner Kultur eine Identität gab. Die Lieder der charismatischen Chabuca Grande verstärkten diesen Appeal. Aufs internationale Parkett traten die afro-peruanischen Songs jedoch erst durch Susana Baca, die mit ihrem Instituto Negro Continuo in Lima eine feste Plattform fürs Überleben der vom Vergessen bedrohten Musik geschaffen hat. Auf ihren Alben baut sie Spannungsbögen von Peru aufs Mutterland Afrika, nach Brasilien, in die Karibik und in die Sprache des Jazz mit zeitgenössischen Arrangements. Weltweite Aufmerksamkeit fand sie durch Ex-Talking Head David Byrne, der als Förderer der afro-peruanischen Traditionen mit seinem Label Luaka Bop unter die Arme griff. Mit Eva Ayllón ist eine zweite afroperuanische Frauengestalt kürzlich über die Landesgrenzen hinaus in Erscheinung getreten, die als „Königin des Landó“ international gefeiert wird.

Und noch eine Anekdote am Rande: Das robuste Cajón, jenes aus einer Obstkiste hervorgegangene Perkussionsinstrument, ist auch ein Erbe der Afro-Peruaner: Paco de Lucia machte Ende der 1970er in Lima mit der resonierenden Box Bekanntschaft, und so fand sie ihren Weg über den Flamenco auf die Jazzund Pop-Bühnen in aller Welt, wo sie sich heute pudelwohl fühlt.

Die Aufarbeitung der Black Music Perus und ihr Weg in die große weite Welt ist also kreativ vollzogen und beschritten worden. Die Entwicklung macht hier jedoch keineswegs halt, wie uns ein junges Quartett aus Lima zeigt. Seit einigen Jahren schicken sich RAMON PEREZ-PRIETO, GRIMALDO DEL SOLAR, RAFAEL MORALES und CARLOS LI CARRILLO an, afro-peruanische Klänge in den Club und auf den Dancefloor zu schicken. Das geschah zunächst ausschließlich via Computer. Denn die vier Künstler- und Intellektuellen-Söhne, allesamt mit einem musikalischen Horizont vom traditionellen Spektrum Perus bis zu Rock, Reggae, Salsa und Dance ausgestattet, waren in alle Himmelsrichtungen verstreut, als ihr Projekt Fahrt aufnahm. Per Mausklick sandten sie sich von ihren Wahlheimaten London, Barcelona, Hongkong und Lima musikalische Elaborate zu und entwickelten 2002 über diese langen Distanzen hinweg ihr Debütwerk Novalima.

NOVALIMA wurde denn auch zum Namen für diese pionierhafte Band, deren Mix aus gesampeltem, afro-peruanischem Vokabular und den Errungenschaften urbaner Clubkultur sich rasch als Kassenschlager in der Heimat erwies. Das Erstlingswerk erreichte Platin in Peru und ermutigte das Quartett, auf dem beschrittenen Pfad weiterzuwandeln. Eine 12“-Single im Gewand eines kräftigen Dub, die auf dem englischen Label Outcaste erschien, kündete von ihrer Kunst 2004 erstmals in der Alten Welt. In leicht veränderter Bauweise wurde die zweite Scheibe namens Afro erstellt: Da keiner der vier auf ein schwarzes Erbe verweisen kann, lud man sich afroperuanische Musiker ins Studio ein – unter ihnen der legendäre Poet Nicomedes Santa Cruz. Und so erzielte man ein kraftvolles, mit dem Fleisch und Blut der Vergangenheit erfülltes Ergebnis, das Wellen bis nach London schlug und in College- Radiosendern der USA auf Spitzenplätze vordrang. Produziert wurde die CD vom britischen Pultherrscher TONI ECONOMIDES, der in den letzten Jahren für Nitin Sawhney, Da Lata und 4hero die Regler feingetunt hat. Eine Europatournee im Jahre 2006 konnte ausverkaufte Häuser verzeichnen.

Ramon, Grimaldo, Rafael und Carlos kehrten darauf endgültig in Perus Kapitale zurück und erweiterten ihren Viererbund an Beats, Gitarre, Keyboards und Bass um ihre bevorzugten Gastmusiker, allesamt Charakterköpfe der zeitgenössischen Afro-Peru- Szene: JUAN „COTITO“ MEDRANO, MANGÜE VASQUEZ, MILAGROS GUERRERO, MARCOS MOSQUERA und CONSTANTINO ALVAREZ wurden feste Bandmitglieder.
Der Zusammenschluss aus Künstlern dieser Community mit Kindern des kosmopolitischen Umfelds ist bislang in Peru einzigartig und bricht nicht nur musikalisch, sondern auch gesellschaftlich Barrieren auf, die Jahrhunderte lang als unverrückbar galten.

Mit Coba Coba schreiben NOVALIMA nun das dritte Kapitel ihrer beispiellosen Brückenarbeit und schaffen dabei eine noch organischere Umsetzung ihrer Klangabenteuer. „Auf geht’s“, so übersetzt sich der Titel, und er ist bei den afro-peruanischen Musikern Usus, wenn sie einen der ihren anfeuern, während er ein Solo spielt. Ein elanvolles Motto, das dann auch eindrucksvoll eingelöst wird: NOVALIMA zaubern eine Symbiose aus neuem Afro-Peru mit Reggae, Dub, Salsa, Son, HipHop, Afro- und Broken Beat. Unterstützt wurden sie dabei wiederum von TONI ECONOMIDES.

Die zwölf Stücke strotzen vor Ideen- und Stilvielfalt und werden von vielen Gastbeiträgen geadelt. Zu Beginn steht mit „Conchaperla“ ein kräftiges Statement im Marinera-Stil, das hier mit Dub-Referenzen und einem feinen Bläsersatz gespickt wird. In „Libertá“ wird von einer Zukunft erzählt, in der Schwarze und Weiße auf Augenhöhe sein werden – unter den stolzen Gesangslinien verknüpfen sich digitale Beats mit dem reichen Flechtwerk handgemachter Perkussion.

Mit „Se Me Van“ ist Cotitos Sternstunde gekommen: Broken Beat verknüpft sich hier mit funky Afrobeat und einem Antwortchor, der direkt aus der kubanischen Salsa entschlüpft scheint. Salsa Dura ist auch der Hintergrund von „Mujer Ajena“. „Ruperta / Puede Ser“ profitiert hingegen von einem ordentlichen Schuss Reggae und dem Gast-Rap der Cubaner von OBSESIÓN, während sich “Camote” richtig tief ins Dub-Territorium wagt.

Ein Landó wie er im Buche steht offenbart sich im „Africa Landó“, der auch Verse von Nicomedes Santa Cruz beinhaltet. Funky und richtig schweißtreibend wird es wieder im Titelstück „Coba Guarango“, mit Broken Beat und Salsa-Flair paart sich der Funk dann in „Tumbala“, wo sich der spanische Alternative-Star GECKO TURNER mit unorthodoxen Vokalbeiträgen zu tiefen Posaunenstößen hervortut.

Schön rootsbewusst zeigen sich die finalen Tracks: „Kumana“ erbt seine Melodie direkt aus einem traditionellen Gesang der Sklaven und webt mit einem Sample aus den 1950ern eine komplexe Nummer mit rhythmischen Widerhaken. „Yo Voy“ schließlich wagt den Sprung ins Karibische und paart die peruanische Gitarre mit einem handfesten Soca-Beat, über dem sich der neuseeländische Nu-Jazzer MARK DE CLIVE LOWE an den Keyboards verlustiert. Die Stimme hierzu kommt vom Salsero CARLOS URIBE.

Nachdenklich und schmachtend endet das Album mit einem Lounge-„Bolero“ fürs 21. Jahrhundert. Die getragene Dramatik zu flubbernder Atmo und introspektivem Klavier liefert PEDRO URRUTIA, ansonsten Experte für den kreolischen Walzer.

NOVALIMA haben mit Coba Coba den Beweis angetreten, dass die einstige Minderheitenkultur der Afro-Peruaner die moderne Musik Lateinamerikas mit neuem Stolz und neuer Technologie um eine spannende pazifische Facette bereichert.

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