Putumayo Presents:




LATIN REGGAE

EXIL 90754-2 / LC 08972/ VÖ: 18.1.2008 / DISTRIBUTION: INDIGO

1. Muchachito Bombo Infierno: “Conversaciones Incompatibles” (Muchachito) 3’46”
2. Macaco: “Mulata Descolora” (Macaco, Mono Loco, Carlos Jaramillo) 4’57”
3. Radio Malanga: “Charito Vá” (O.O. Perera, D.Y. Hernandez) 6’38”
4. Los Cafres: “La Receta” (Claudio Illobre) 3’47”
5. Cultura Profética: “Reggae Rústico” (W. Rodriguez, Ivan Gutierrez) 4’43”
6. Go Lem System: “Pura Sangre” (S. Korin, P. Capilouto, A. Ardesto) 3’30”
7. Ticklah featuring Mayra Vega: “Si Hecho Palante” (E. Palmieri) 4’45”
8. Black Gandhi: “Pateras” (M. Semé) 4’51”
9. Amparanoia: “Ven” (Amparo Sanchez) 4’59”
10. Gondwana: “Libros Sagrados” (I-Locks Labbe) 3’53”
11. Sarazino: “Desbaratado” (I. Garcia, L. Fellah) 3’47”


In seiner kurzen Karriere ist der Reggae zu einem der globalsten Musikstile des Planeten geworden. Was Bob Marley Anfang der 1970er losgetreten hatte, erreichte im Lauf der Zeit die abgelegensten Winkel der Welt: Der jamaikanische Offbeat siedelt heute selbstverständlich an Kataloniens wie Kaliforniens Küste, in arabischen Clubs und afrikanischen Townships, und erst recht in allen Metropolen Lateinamerikas. Dort und in den europäischen Ablegern der Música Latina haben sich die fruchtbarsten Hybride aus dem Karibiksound herausgeschält, flankiert von Rock, Rumba und Rap und textlich meist auch im sozialbewussten und spirituellen Geiste der Rastafari. Nach den beliebten Reggae Around The World - und World Reggae-Alben versenkt sich Putumayo nun noch tiefer in die wohl schlagkräftigste Koppelung von karibischem und hispanischem Erbe, baut seine Basis in Barcelona auf, exkursiert jedoch auch nach Madrid und Montreal, Santiago de Chile, San Juan, Buenos Aires, Brooklyn und an den Äquator.

Ein Teil der Erlöse dieser CD geht an ACCION International - eine NGO, die seit 35 Jahren vorrangig Menschen in Lateinamerika aber auch Westafrika sowie China und Indien mit Mikrofinanzierungs-Programmen hilft, Wege aus der Armut zu finden. Bis 2006 wurden 2,4 Millionen Kleinstunternehmer in 23 Ländern unterstützt. Die Bereitstellung von Mikrokrediten wird ergänzt durch Business Training mit dem Ziel, Menschen durch die Gründung eines eigenen Betriebs ein würdiges Leben zu ermöglichen, damit sie sich fließendes Wasser, eine solide Behausung, bessere Lebens- und Arzneimittel sowie eine Schulausbildung der Kinder leisten können.
Mehr unter www.accion.org

Ein krächzender Herr im Matrosenhemd aus Barcelonas Vorstadt Santa Coloma de Gramanet hat vor drei Jahren die sogenannte Mestizo-Szene lausbübisch aufgemischt. Nach der harten Schule der Straßenmusik und gewieftem Wirken im musikalischen Untergrund Kataloniens – namentlich die Kultformation Trimelón de Narajús - stellte Jairo Perera Viedman alias MUCHACHITO mit alten Kumpels 2004 die Combo BOMBO INFIERNO zusammen. Seitdem haut er uns sein vorlautes „Rumboxing“ um die Ohren, eine Legierung aus Rumba, Ska, Rockabilly und Bänkelgesang, aus Schrammelgitarre und heiseren Lyrics, glühenden Bläsern und ausgekochter Perkussion. Das Schlitzohr trat bislang mit zwei Alben in Erscheinung und wurde auf Festivals landauf landab mit seiner wilden Truppe gefeiert, u.a. als „beste Nachricht aus Spanien seit der Abwahl von Aznar“ (O-Ton WDR Funkhaus Europa-Musikchef Francis Gay). In „Conversaciones Incompatibles“ zeigt sich Muchachito von seiner äußerst melodischen Seite. Der entspannte Reibeisen-Reggae mit wunderbaren Vokalharmonien handelt die alte Geschichte ab, dass Männer und Frauen einfach nicht zusammen passen – umso mehr, wenn er Griechisch und sie Latein spricht.

Wir bleiben in der Hauptstadt der turbulenten Latin Music-Mixturen: Hinter MACACO steht der ominöse Dani, der sich des öfteren auch „Dani El Mono Loco“ nennt. Eine Dekade lang agiert die Band bereits und hat sich stets als kreativer Motor von Barcelonas Mestizaje-Geschehen erwiesen. Als Ideengeber und Produzent trat Dani für Ojos De Brujo, Dusminguet, die Electronica-Elfe Nubla und den Paradiesvogel Wagner Pá in Erscheinung, über Iberiens Grenzen hinweg auch bei Los de Abajo in Mexiko, für deren Session ihn David Byrne buchte. Ebenso ignorierte er Generationen- Hürden, als er die Doyens der Rumba Gitán, die Patriarcas de la Rumba im Studio aufsuchte. Tief verwurzelt in der Klanghistorie der Stadt zum einen, mit offenen Ohren in der Elektronik und progressiven Musik zum anderen, erweist sich Macaco als quicklebendiger Formwandler zwischen Rumba, Reggae und Rap, Balladen und Balkan, Samba und Salsa, betreibt Networking mit Kollegen von Brasilien bis in den Senegal und beherbergt in seiner Band einen Kameruner genauso wie einen Venezolaner. Ein unbestrittenes Glanzlicht aus dem Macaco-Laboratorium ist das zweite Album Rumbo Submarino, aus dem hier die „Mulata Descolora“ ausgekoppelt wurde: Ein Rock-Reggae, der sich in schwärmerischen Versen über eine braunhäutige Blondine ergeht. Und an der gestopften Trompete lässt sich zudem einer von Manu Chaos Bläsern, der Sizilianer Roy Paci, verschmitzt vernehmen.

Wir machen das Triumvirat aus Barcelona zu Beginn komplett: Auch die neun Erfindungskünstler von RADIO MALANGA bereichern die Mestizo-Szene mit ihren Mitgliedern aus Kuba, Afrika und Spanien mittlerweile mit internationalem Erfolg. Macaco zählt zu ihren Kombattanten, ebenso Ojos de Brujo – kein Wunder, denn ihre schlagfertigen Kombinationen aus Karibischem und Katalanischem, aus Afrobeat, Funk, Rap und Brasil-Flair überzeugt auch trägere Lauschlappen. Ähnlich kosmo- politisch wie die Bandbiografie geht es auch im Studio zu: Für die Produktion ihres Debüt-Albums Yoff Tongor haben sich die „Radiomacher“ nach Dakar begeben – aus diesem Werk stammt auch „Charito Vá“ des kubanischen Band-Members Orbe Ortíz Perera. Geschrieben hat er es nach einem Treffen mit einem Straßenkind aus Bogotá - er fordert in seinem Text die Regierung auf, sich um die Obdachlosen und Bedürftigen zu kümmern.

Ob sie wirklich so flatterhaft sind, darüber können wir hier nur spekulieren – ihr Name jedenfalls leitet sich vom arabischen “kafir”, “untreu” her. LOS CAFRES zählen zu den argentinischen Reggaestars mit munterem Blick über den Tellerrand. Hervorgegangen ist die Band aus einem Treffen der Reggae-Enthusiasten Roberto „El Robba“ Razul und Adrián Canedo. Bevor sie 1995 ihr Debüt einspielten, hatten sie schon eine wechselvolle Historie und eine Trennung hinter sich. Doch in den geschichtsträchtigen Tuff Gong Studios von Jamaica, wo Frecuencia Cafre teils entstand, bahnte sich der Wendepunkt zum Erfolg an. Die Atmosphäre der Insel hat das Sextett so gefangen genommen, dass sie seitdem bereits mehr als eine Handvoll Roots Reggae- und Dub-Scheiben veröffentlicht haben, stets im tief verinnerlichten Geiste der Rastafari- Philosophie. Die sechs Mannen sind zudem oft mit ihren gleichgesinnten Landsmusikern von Los Fabulosos Cadillacs unterwegs. „La Receta“ stammt aus dem Zweitling der Band und ermutigt die Hörer sich zum Reggae zu bekehren, um das Leben leichter nehmen zu können und schliesst mit dem schönen Satz: „Auch wenn manche Leute das anders sehen, Reggae ist wunderschön und nicht monoton.“

Weitere Reggae-Erstligisten aus Lateinamerika sind CULTURA PROFÉTICA. Aus der puertoricanischen Hauptstadt San Juan kommen die zwölf, und den karibischen Stil-mix haben sie um ihren Roots-Reggae herum versammelt: Da schwirren Salsa und Jazz, Mento, Ska und gar TripHop durch die Textur, aber immer bleibt die Ver-ehrung des großen Marley im Fokus. Folgerichtig haben auch sie für Aufnahme- sessions um Asyl bei Errol Brown - seines Zeichens Producer von Bob und dessen Sohn Ziggy - in den Tuff Gong Studios ersucht. Die Kulturpropheten sind nicht nur auf ihrer Insel, sondern auch in weiteren Latin-Ländern begehrt, besonders viele Fans können sie in Mexiko um sich scharren. „Reggae Rústico“ stammt aus ihrem zweiten Longplayer Ideas Nuevas und preist das Genre als einen Beat, der die Menschen vereint, als kraftvolle Musik, deren Botschaften und Texte Grenzen überschreiten.

Und flugs geht es erneut auf die südliche Hemisphäre, um von dort einmal mehr nach Europa zurückzuschnellen:
Das GOLEM SYSTEM erfuhr zwar auf argentinischem Boden seine Geburt, packte dann aber die Koffer, um von Buenos Aires nach Barcelona zu ziehen. Aleko und Serge sind die Alpha-Tiere dieser Truppe, die sich vor allem durch unorthodoxe Reggae- und Dub-Fertigungen auszeichnet, also prädestiniert für diese Kollektion ist. So gibt sich auch „Pura Sangre“ aus dem 2006er-Album Caceria als handfester Offbeat-Track, dessen Text sich allerdings eher kryptisch anmutet: „Starte deine Motoren, das Floß, Loch in der Tasche gefriert, eine beruhigende Medizin, der Staat schließt das Fenster und geht schlafen, der Fernseher ist an, die Zuschauer vergessen, einen Toast auszubringen, reines Blut.“

Höchste Zeit, auch einmal in einem Multikulti-Terrain und einer Hochburg für kreativen Klangzauber in den USA nach Latin Reggae zu forschen: In Brooklyn haben wir TICKLAH ausfindig gemacht, einen DJ und Produzenten, der für einige der erfolgreichsten Dub-Alben der letzten Jahre verantwortlich zeichnet. Er war auch im Team des spleenigen Dub Side Of The Moon-Projekts, bei dem das fast gleichnamige Pink Floyd-Album gehörig durch die Hallröhren geschickt wurde. Danach nahm er sich eines Werkes der jüngeren Popgeschichte an und dub-ifizierte Radioheads Ok Computer zu Radiodread. Der Weltmusik-Fraktion wird Ticklah zudem als Mitglied der unorthodoxen Afrobeat-Formation Antibalas bekannt sein, sowie der Dap-Kings, die als exzellente Backingband der beiden Retro-Soul-Queens Sharon Jones und Amy Whinehouse auf der Bühne stehen. Auf seinem eigenen Album Ticklah Vs. Axelrod (eine Anspielung an seinen bürgerlichen Namen Victor Axelrod) verbindet der Pultmeister den Offbeat mit äthiopischen Elementen und Latin-Grooves. Ganz famos ist sein Cover eines Eddie Palmieri-Titels aus den 1960ern, „Si Hecho Palante“ – ein Song über ein afro-kubanisches Ritual, für dessen Vokalspur er sich die Sängerin MAYRA VEGA geangelt hat.

Noch einmal zurück nach Barcelona: Aus dem dort lebenden kubanischen Sänger Mel Semé, der argentinischen Gitarren- und Rhythmussektion in Gestalt von Juani Maitegui, Tito Bonacera, Dani Bianchi und dem holländischen Keyboarder Tom Ansink bildet sich die Gruppe BLACK GANDHI. Sie nennt Soul- und Reggaegrößen wie Stevie Wonder, James Brown, Toots & The Maytals und die Wailers neben afrikanischer Musik als gleichberechtigte Vorbilder. Mel Semé hat in seinem Text zu „Pateras” (Flöße) ein heisses Eisen angepackt: „Flöße, zu viel Flöße, Flaggen, zu viele Barrieren, all diese Immigranten, die um die Welt rudern. Aber was tut die Welt um diese Situation zu verändern? Ich weiß es nicht, aber ich tue was ich kann, um mein eigenes Schicksal zu bestimmen.“ Black Gandhi könnten eines der nächsten großen Dinger der Barna-Szene werden.

Zur Abwechslung reisen wir mal ins Zentrum Iberiens und werfen einen Blick auf die madrilenischen Umtriebe im Mestizo-Sektor. Ampara Sanchez ist dort – mit Verlaub - die Platzhirschin und hat ihrer seit einem Jahrzehnt musizierenden Band den einprägsamen Namen AMPARANOIA gegeben. Gebürtig in Granada erkor sich die Powerdame Billie Holiday zum ersten Idol und ging dann bei Manu Chao in die Schule. Davon konnte die Frau mit der Trainingsjacke und dem Turban allerhand profitieren, hat aber auch sehr eigenes Kolorit entwickelt. 2000 reiste sie nach Mexiko, erwärmte sich wie Guru Manu für die Zapatisten, später vollführte sie einen Schwenk zum karibischen Sound mit Son und Ragga-Einsprengseln. La Vida Te Da von 2005 ist bereits das fünfte Album der BBC World Music Awards-Siegerin und setzt das Karibik-Kolorit fort, obwohl es live in den baskischen Bergen eingespielt wurde: Teile der Scheibe klingen sehr kubanisch, auf der Gästeliste stehen Calexico und unser alter Vertrauter Dani Macaco, der sich mit Ampara auch die Vocals im ungeheuer relaxten Bonustrack „Ven“ teilt. Außerdem ist hier der frühere Ojos De Brujo-Bassist Calima zu vernehmen.

Auch wenn es abseitig klingen mag: In Chile kann man eine exzellente Reggae-Combo auftun. Weit über die Landesgrenzen hinaus ist der Ruf von GONDWANA während der 20 Jahre ihrer Bandgeschichte schon gedrungen. Anfangs agierten sie eher im Untergrund, um mit ihren kritischen Texten nicht das Missfallen des Pinochet-Regimes zu erregen. Erst 1996 traten sie mit ihrem Debüt in Erscheinung und richtig bergauf ging es mit der Nachfolgescheibe Alabanza, die eine Reihe von Hits enthielt. Gondwana-Alben kann man seither weltweit in den Läden sichten und die Chilenen werden nicht müde, ihren internationalen Erfolg zu nutzen, die Aufarbeitung der bitteren politischen Ära ihres Landes nach aussen zu tragen. „Libros Sagrados“ erzählt vom Kampf gegen Gewalt und Unterdrückung: „Heilige Bücher zeugen davon, dass durch Liebe der Pfad zur Wahrheit erreicht wird. Wie viel Zeit muss noch vergehen, bis sich zeigen wird, dass das Geheimnis in der Gleichheit liegt?”

Zum Finale eine Band, die besonders eindrücklich beweist, welchen multinationalen Charakter Reggae besitzt:
SARAZINO wurde Mitte der 1990er im kanadischen Montreal gegründet, unter der Federführung des Algeriers Lamine Fellah und dem Libanesen Walid Nahas. Als ob das nicht schon polykulturelles Kolorit genug wäre, zeigt die Band sich neben dem Reggae von nahöstlichen, lateinamerikanischen und französischen Klängen angefixt. Um noch tiefer ins Latin-Feeling einzutauchen, begab sich Lamine Fellah nach Ecuador und nahm dort auch gleich ein Album namens Un Mundo Babylon auf, u.a. mit Gästen der venezolanischen Ska-Helden King Chango und den argentinischen Reggae-Überfliegern Los Pericos.„Desbaratado“ stammt aus dem dritten Sarazino-Album One Big World und beklagt eine dahingeflossene Liebschaft: „Nenne mich einen Feigling, aber ich schaffe es einfach nicht, ohne deine helfende Hand kann ich nicht springen. Oh, meine Lucy, komm’ und nimm mich mit.” Dies alles ist in packenden Reggae-Rock eingebettet.

Nach dem Genuss dieser Scheibe muss man feststellen: Reggae mit Latin-Touch und in spanischer Zunge hat die Welt inzwischen genauso im Sturm erobert, wie der anglo- und frankophone Bruder. Hätte ein Bob Marley sich dies seinerzeit träumen lassen?


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