Cumbancha presents:
HABIB KOITE

Afriki

EXIL 90456-2 / LC 08972/ VÖ:7.9.2007 / DISTRIBUTION: INDIGO

1. Namania ( ) 4’11”
2. N’tesse ( ) 4’31”
3. Africa ( ) ±4’51”
4. Fimani ( ) 4’28”
5. N’ba ( ) 4’40”
6. Mali Ba ( ) 4’44”
7. Barra ( ) 3’48”
8. N’Teri ( ) 4’36”
9. Nta Dima ( ) 3’05”
10. Massakè ( ) 3’53”
11. Titati ( ) 3’23”

”Malis größter Popstar. ” (The Rolling Stone)

Selten hat jemand das Bild des modernen Barden so erfüllt wie er: Der Malier Habib Koité hat eine stabile und fantasiereiche Brücke gebaut zwischen der Gestalt des Griots und dem Image des Singer-Songwriters. Eine Brücke von den Sounds der Savanne zum Rock und Folk, von afrikanischem Selbstbewusstsein zu den natürlichen Errungenschaften des Kontakts mit Europa und den USA. Wenn er auf dieser Brücke wandelt, erzählt er Geschichten aus seinem afropäischen Alltag, verbindet die Wurzeln seiner Vergangenheit mit den Antennen, die ihm das Hier und Heute einfangen. Er gibt besonnene Ratschläge, berichtet von seinen Herzens- und Seelenangelegenheiten - und er ist ein Fürsprecher seines Kontinents nach außen: Wenn Youssou N’Dour jüngst mit seinem Outing als gläubiger Mouride das Bild des friedlichen Islam Afrikas nach Europa getragen hat und Lokua Kanza afrikanische Töne im französischen Chanson verankert, so zeigt Habib Koité, dass er westliches Songschreibertum mit allen Sahel-Traditionen zu einer neuen Sprache zu bündeln vermag. Er kann neben N’Dour und Kanza deshalb als wichtigster afrikanischer Sänger des frühen 21. Jahrhunderts gelten. Sein neues Opus “Afriki” bestätigt dies mit poetischer Power und pragmatischer Lyrik, die zur beherzten Selbstbestimmung Afrikas aufruft. Es beendet die sechsjährige Studiopause des Kassonké-Mannes: Das Weltmusik-Comeback des Jahres, würdevoll und souverän.

Seit der Antike waren die Barden schillernde Gestalten mit einer Fülle von Charakterzügen. Freundlich und diplomatisch, über enormen Wissensschatz verfügend, jedoch auch verführerisch und durch ihre dichterische Magie mitreißend. All diese Facetten beherrscht Habib Koité wie wenige seiner Zunft. Inmitten der vielen Stars, die Mali für die Weltmusikgemeinde während der letzten zwei Dekaden hervorgebracht hat, konnte sich der Sänger, Gitarrist und Komponist stets mit seiner feinsinnigen, vermittelnden Note hervortun. Rollen wir den Lebensweg des Musikers aus Bamako auf:

Unter 17 Geschwistern einer Familie von Kassonké-Griots wächst Habib im senegalesischen Thiès, in der malischen Stadt Kayes und schließlich in der Kapitale Bamako auf. Von seinem Opa hat der das Spiel der Buschharfe im Blut, erste Schritte auf der Gitarre unternimmt er als Begleiter seiner singenden Mutter am Institut National des Arts und schwingt sich innerhalb von vier Jahren vom talentierten Leader einer Schülerband zum erstklassigen Gitarrenlehrer des Konservatoriums auf. Schon damals bekommt er die Gelegenheit mit Koryphäen der malischen Musik wie dem Kora-Ass Toumani Diabaté oder dem Balafon- Giganten Kélétigui Diabaté zu spielen. “Ich habe mit europäischen Büchern zu lernen begonnen, auch viel europäische Musik in Clubs gespielt, aber bald ging ich dazu über, traditionelle Stücke in der Art der Kamalengoni, der sechssaitigen Buschharfe zu interpretieren”, erzählt Habib Koite über seine einzig artige Zupftechnik. Schon früh versammelt der Experimentierfreudige eine breite Palette afrikanischer Farben mit den erworbenen Erkenntnissen des Studiums, integriert auch Blues- und Flamenco-Farben in seine Musik, die ihm durch Khalilou Traoré vermittelt werden, einem Mitglied der legendären afro-kubanisch ausgerichteten Truppe Maravillas du Mali.

Sein Gesang ist von intimer Schlichtheit und seelenvoll, ein Bruch mit den extrovertierten, ornamentreichen Vokallinien der Griots. Und ein weiteres Merkmal hebt ihn unter seinen Landsleuten heraus: Anstatt auf den Traditionen seines Volkes zu beharren und sich abzugrenzen, spielt er einen pan-malischen Stil mit Einflüssen aus allen Landesteilen, schafft daraus eine Musik, die er Danssa Doso getauft hat: Danssa für den vorherrschenden Rhythmus der Region um Kayes, Doso für die alte Musik der Jäger.

1988 formt er mit langjährigen Musikerfreunden seine Gruppe Bamada. Zügig kommt der Durchbruch in der frankophonen Welt: Zunächst ergattert er den ersten Preis beim Voxpole Festival in Perpignan, dann nimmt ihn Radio France Internationale unter seine fördernden Fittiche und verleiht ihm seinen Entdecker- Preis. Eine erste Bamada-Tour außerhalb von Afrika folgt. 1995 sieht die Geburt seines ersten Albums Muso Ko, das unter seinem neuen belgischen Manager Michel De Bock eingespielt wird und ihm b egeisterte Reaktionen der gesamten europäischen Fachp resse beschert, ein zweiter Platz in den World Music Charts inklusive. Seitdem ist Habib ständiger Gast der großen World-Festivals außerhalb Afrikas (WOMAD, Montreux...) und bricht Genre-Grenzen auch konzertierend auf, beispielweise auf Tour mit dem Art Ensemble Of Chicago.

Sein zweites Album, Ma Ya (1998) weitet den Ruhm selbst in die Vereinigten Staaten aus: Die Scheibe hält sich sage und schreibe 20 Wochen in den Spitzenrängen der Charts des College Music Journals, in Europa führt sie über ein Vierteljahr die Weltmusikliste an. Vom Rolling Stone über das Magazin People bis zu den New York Times feiert ihn die Presse in Üb ersee, die Verkaufszahlen seiner Alben übersteigen die anderer bekannter afrikanischer Künstler um rund das Zehnfache. Tourneen innerhalb des Putumayo-Projekts “Mali To Memphis” an der Seite von Bluesman Eric Bibb und mit der Wassoulou-Frau Oumou Sangaré sind weitere Highlights im Tagebuch des Ausnahme-Barden. Selbst Jackson Browne oder Bonnie Raitt werden zu seinen Fans, mit letzterer stand er gar schon auf der Bühne und ist in den Credits ihres Albums Silver Lining zu finden. 2001 schließlich empfängt er in den USA die Late Night-Weihen, als er in David Lettermans Show zu Gast ist.

Die dritte Scheibe Baro (2001) setzt die Erfolgsserie fort. Auftritte bei den großen Festivals bestätigen die Hochform des Maliers aus dieser Schaffensperiode – wer beispielsweise seinen furiosen Auftritt beim Afrika-Festival Würzburg 2004 gesehen hat wird dies bestätigen. Und weitere Bühnenprojekte begleiten diese Phase: Die Desert Blues-Tour, auf der ihn Ali Farka Touré-Adept Afel Bocoum und die Tuaregfrauen von Tartit begleiten, bringt dem europäischen Publikum die Vielfalt malischer Kultur näher. Mit dem ivorischen Shooting Star Dobet Gnahoré und dem sidafrikanischen Bardenkollegen Vusi Mahlasela tourt er im Rahmen von Putumayo Presents Acoustic Africa. Die Stage-Atmosphäre seiner eigenen Bamada-Mannen wird schließlich auf der atemberaubenden Doppel-Scheibe Foly! (2003) eingefangen.

Nach all diesen ereignisreichen Seitenpfaden hat Habib Koité nun ein neues Kapitel aufgeschlagen. In jahrelanger Detailarbeit entstand in Mali, Belgien und Vermont sein viertes Werk Afriki, auf dem wiederum die Roots aller Völker Malis in einem hochaktuellen Sound gedeihen, von den Jägerrhythmen der Wassoulou-Region über die Griotgesänge des Zentrums bis zu den ungeschliffeneren Tönen des Nordens. Wesentlichen Anteil an der packenden Akustik hat wiederum die mittlerweile 19 Lenze zählende Band Bamada, die durch ihre eng verzahnten Interaktionen und ihren frappierenden Teamgeist betört. Ein feines Wechselspiel zwischen Habibs Gitarrenlicks und den federnden Balafon-Teppichen von Altmeister Kélétigui Diabaté bildet den Kern. Perkussive Finesse aus den Händen von Souleyman Ann und Mahamadou Koné mit einer Vielzahl von Schlagwerken, darunter Rockdrums, Talking Drum und Kalebasse spinnen die rhythmischen Netze. Die Harfen- und Banjo-Instrumente Kamalengoni und Ngoni von Abdoul Wahab Berthé und dem Gast Barou Kouyaté gruppieren sich ins Saitenspiel, Harmonika-Einlagen von Boubacar Sidibé färben bluesig – all dies bestimmt den unspektakulären und doch einzigartigen Klangzauber von Habibs Heroen. Als besondere Färbung hat sich der Malier im Titeltrack prominenten Supports versichert: Die Textur der Bläsersektion kommt aus der Arrangierstube eines der Größten des Funk: Kein geringerer als James Browns Zeremonienmeister Pee Wee Ellis hat Hand an die Hornsätze gelegt. Neu sind auch die ruppigen Töne der traditionellen Fiedel Soukou, für deren Bogenstrich Hassey Sarré verantwortlich zeichnet. Und ein fünfköpfiger Background-Chor bringt die weibliche Seite von “Afriki” zum Schwingen.

Thematisch holt der Barde aus Bamako weit aus. Im Zentrum des lyrischen Spektrums steht sein wohl größtes Anliegen, das er im Titelstück formuliert - das Lösen des Kontinents von jeglicher Fremdbestimmung: “Die Menschen in Afrika sind bereit, ihr Leben zu riskieren, um nach Europa oder in die USA zu gelangen”, so Koité, “aber sie sind nicht bereit, das Risiko auf sich zu nehmen, zu bleiben um hier etwas auf die Beine zu stellen.” Und den Wohlstandsgesellschaften hält er als vermeintlichen Paradiesen unverblümt den Spiegel vor: ”Auch wenn Mali arm ist: Du gehst vor die Tür, lächelst und es gibt immer jemanden, der dann auch dir ein Lächeln schenkt. Ich habe viel darüber nachgedacht und ich bin nicht überzeugt, dass arme Länder notwendigerweise eine schlechtere Lebensqualität aufweisen als die reichen.” Lauscht man den Lyrics, erkennt man schnell, dass hier eine präzise Verbalattacke verborgen ist: Koité erzählt, wie seine Landsleute in Céuta, an der Pforte zu Europa abgewiesen werden und erkennen müssen, dass Gastfreundschaft woanders mit Füssen getreten wird. Besonders in den Nachwehen des grotesken G8-Schauspiels sind seine Zeilen bitter: Mit verzweifeltem Trotz zeichnet er das Bild von einem Kontinent, der sich nur selbst aus dem Schlamassel befreien kann, wenn die UNO nicht endlich Armut, AIDS, Kindessterblichkeit und Entschuldung ernst nimmt.

Das Statement ist Programm für viele Titel auf Afriki: Sein Songwriting auf dem vierten Opus stützt sich noch ein wenig mehr auf die traditionelle Seite als auf den vergangenen Werken und stärkt so den Pulsschlag seiner Heimat: In “Massaké” dringt ein komplexer Rhythmus kräftig ins rockige Arrangement hinein. “Barra” ruft zum anstachelnden Klang des Ngoni und der Fiedel die Bauern, Fischer, Viehzüchter und Kaufleute zur Arbeit. “Nta Dima” verblüfft im Intro mit polyphonen Jägerhörnern und spricht mit seinen naturbelassenen Männerchören Warnungen an die Heiratsvermittler aus: Eine Tochter darf nicht an Taugenichtse und aggressive Zeitgenossen weggegeben werden.

Natürlich gibt es auch die geschliffenen Akustikperlen, in denen Habib seine charismatische Vokalsanftheit walten lassen kann, etwa im bezwingenden und optimistischen “N’tesse” , oder dem orchestralen Preislied “N’Teri” . Und eine wunderschöne Liebeserklärung an das unter dem Baum sitzende maurische Mädchen mit den großen Augen hält der Eröffnungstitel “Namania” parat. Doch auch hier versteckt sich eine nachdenkliche Botschaft: Die Angebete verschwindet wie die gefällten Bäume auf der Farm. “Ich spreche über Liebe, aber auch über die Dinge, die wir behalten wollen und die uns entgleiten.” Damit die kulturellen Werte seiner Heimat sich nicht verflüchtigen, hat Habib Koité einen Kunstgriff angewandt: ”Ich will unserer Jugend ein kleines Fenster öffnen – und ihr mittels neuer Musik helfen unsere alten Traditionen wahrzunehmen”, bekräftigt er.

Der Mann neigt zu Bescheidenheit: Für die Verbindung von Sahel und Westen hat er eine große Flügeltür aufgestoßen, die sich mit Afriki noch ein Stück weiter aufgetan hat.

Anspieltipps:
- “Africa” (3): Eine elegant fließende Hymne auf den Schwarzen Kontinent. Balafon, Habibs akustische Gitarre, die Bläsersätze von Pee Wee Ellis und der melosreiche Backgroundchor vereinigen sich zum Aufruf zur Solidarität in und mit Afrika, und schildert die Herausforderungen, die die Gemeinschaft der Staaten sich gegenüber sieht.
- “N’Ba” (5): Im swingenden Offbeat erinnert Habib hier an seine Mutter, die unlängst verstarb, als ihr Sohn auf Tour war. Eine bewegende Ballade eines Sohnes, der im Geiste bis zu seiner Taufe zurückgeht.
- “N’Teri” (8): Eng angelehnt an den jahrhundertealten Griot-Brauch ehrt Koité seine Vorfahren und Gönner – jedoch tut er dies in fast symphonischer Einbettung mit Kammerstreichern, Frauenchor und balladesker Melodieseligkeit.
- “Massakè” (10): Hier geht es um die kleinen “Könige”, die Kinder, die ihre Ansprüche gegenüber den Eltern geltend machen - ein tighter Pulsschlag aus Talking Drum (Tama), Drums, Balafon und Gitarre, vorangetrieben von vielen Kinderkehlen.

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