Putumayo presents :

LATIN JAZZ


EXIL 90330-2 / LC 08972/ VÖ:22.6.2007 / DISTRIBUTION: INDIGO

1. Machito with Cannonball Adderley: ”Congo Mulence” (A.K. Salim) 2’56”
2. Poncho Sanchez: ”El Sabroson” (D. Torres, R. Banda, P. Sanchez) 5’14 »
3. Tómas R. Einarsson: ”Rumdrum” (Tómas R. Einarsson) 2’52”
4. Tito Puente: ”Cha Cha Cha” (Chucho Valdés) 6’36”
5. Chico Alvarez: ”La Clave, Maraca Y Güiro” (Nosotros) 7’27”
6. Ray Barretto: ”Summertime” (Gershwin, Hayward) 2’57”
7. Hilton Ruiz: ”Steppin’ With T.P” (Hilton Ruiz) 4’46”
8. Manny Oquendo & Libre: ”Cuando Se Acabará” (M.Oquendo/Aguabella) 6’16”
9. Chocolate Armenteros: ”Trompeta en Montuno” (Alfredo Armenteros) 9’12”
10. The Brian Lynch/Eddie Palmieri Project: ”Guajira Dubois” (Brian Lynch) 8’50”

Die Ausflüge aufs Terrain der Música Latina haben bei Putumayo eine lange und gute Tradition. Ganz oben in der Gunst unserer werten Hörerschaft rangieren die Salsa- und Afro-Latino-Scheiben, die Sammlungen von kubanischen und karibischen Perlen. Zum ersten Mal stattet man vom New Yorker Headquarter aus nun den starken Lebenslinien einen Besuch ab, die sich zwischen den Latin Communities und der Jazzhistorie entsponnen haben. Und gerade der Big Apple hat dabei eine tragende Rolle gespielt.

In den 1930ern verstärkte der Musiker Arsenio Rodriguez die Bläser- und Perkussionsabteilung seines Orchesters, um einen voluminöseren Sound zu erreichen. Parallel brachte sein Kollege Orestes Lopez einen afrikanischer gefärbten Groove in das kolonial betonte Genre Danzón. So führten die beiden alten kubanischen Genres die Geburt des Mambo herbei. Durch die nach New York ausgewanderten Bigbandchefs, allen voran Machito und Tito Puente, verwandelte sich die Metropole in den 1940er in einen Hexenkessel. Die Exilanten kamen durch die Kreation des Cha Cha Cha gleichzeitig dem Geschmack der US-Amerikaner entgegen. Inspiration empfingen die Latinos von Duke Ellingtons oder Count Basies Orchestern, während Jazzer wie Dizzy Gillespie ihrerseits einen kochenden Mix aus afrokubanischem und afroamerikanischem Vokabular schufen. Erneuert wurden die Wechselwirkungen zwischen USA und Karibik dann wiederum in den 1960ern, als sich Musiker aus Spanish Harlem des Soul bedienten, um den Boogaloo aus der Taufe zu heben und sich schließlich die Musik aus dem Barrio als Salsa neu definierte. Viele Klassiker vor allem auf dem Label Fania legen bis heute Zeugnis von dieser turbulenten Zeit ab. Seitdem ist das Latin Jazz Genre lebendig geblieben und erfindet sich immer wieder neu. Putumayo stellt die Protagonisten dieser bezwingenden Mischehe aus einem halben Jahrhundert mit ihren spannendsten Aufnahmen vor – von den exponierten Orchesterchefs bis zu den Session-Männern aus der zweiten Reihe.

Einer, der fast emblematisch für den Latin Jazz steht, öffnet die Pforten: Francisco Raúl Gutiérrez Grillo wurde als Sohn eines Zigarrenfabrikbesitzers in Havanna geboren und agierte schon als Jungspund in der Position des Orchesterchefs bei vielen kubanischen Erfolgscombos. Besiegelt wurde der Erfolg des Mannes, d er als MACHITO bekannt wurde, aber erst richtig, als er sich 1937 zur Emigratio n nach New York entschloss. Genau zu jener Zeit hatte der Musiker Orestes Lop ez (d er Onkel des Buena Vista-Bassisten Cachaíto!) einen neuen Groove in d en afrik anisch gefärb ten Teil d es Danzón-Genres eingeführt – und somit die Voraussetzungen für den Mambo g eschaffen. Diese Errungenschaft sprang wie ein Lauffeuer auf die kubanischen Bigbands über, die sich in der New Yorker Szene niedergelassen hatten – im Epizentrum Machito mit seinem 1940 gegründeten Orchester The Afro-Cubans, für das er sich seinen Schwager Mario Bauzá als musical director an Land zog. Machito b lieb b is zum heutigen Tage einer d er wichtigsten Brückenschläg er zwischen Jazz und kub anischer Musik , seine Aufnahmen mit Diz zy Gillespie, Charlie Parker und dem Altsaxofonisten CANNONBALL ADDERLEY zeugen davon. Für “Congo Mulence” gehen wir g enau 50 Jahre zurück. Der rituell anmutende Titel aus dem Album Kenya basiert auf d em Rhythmus der Batá-Trommel, d ie in der kubanischen Santería-Relig ion ein tragendes Element ist, Solos kommen von Adderley und dem Trompeter Joe Newman.

Von der Legende zu einem Latin Jazzer, dr alive and kicing ist. PONCHO SANCHEZ stammt aus Texas, hat mexikanische Vorfahren und das richtige Feuer im Blut, um auf höchstem Level die Congas zu bedienen. Mitte der 1970er erkannte der Big band-Leader und Flötist Cal Tjad er sein Talent und holte ihn in sein Orchester auf d ie vakante Positio n, die bisher Prominenz wie Mongo Santamaria ausgefüllt hatte. In den 1980ern machte sich Sanchez selbständig und hat seitdem rund 25 Alben unter seinem Namen eingesp ielt. “El Sabroson” ist aus dem 1990er-Werk Cambios ausgeko pp elt, das neben dem Pianisten David Torres auch den Jazztrompeter Fredd ie Hubbard featuret – das luftige Flötensolo im Stück kommt von Gene Burkert.

Der ebn erwähnte Schwede Cal Tjader steht für eine ganze Legion von Nicht-Latinos, die sich mit Leib und Seele dem Latin Jazz verschrieb en hatte, Stan Getz und Herbie Mann seien als weitere “reingeschmeckte” Ikonen der Musikhistorie genannt. Dass sich diese Tendenz fortsetzt, zeigt sich am Isländer TÓMAS EINARSSON. Dort, wo man Hitze wohl nur aus Vulkanen und Geysiren vermuten würde, sorgt er für feurige Grooves von Timbales und Congas sowie packenden Hörnern. Zusätzliche Legitimation erhielt das Nordlicht 2003: Einarsson reiste in die kubanische Kapitale und nahm dort mit einer einheimischen Riege das Album Havana auf, aus dem wir hier das swingende “Rumdrum” vernehmen.

Ursprünglich wollte d er 1923 in Spanish Harlem geborene Sohn einer puertoricanischen Familie Tänzer werden, doch ein Riss der Achilles-Sehne durchkreuzte den Plan. Mit 13 steigt TITO PUENTE stattdessen als Drummer in der Bigband von Ramon Olivera ein, studiert dann Komposition, Orchestration und Piano an der New York School Of Music. Prägende Einflüsse erfährt er bei Machito. Seine erste eigene Band, die Piccadilly Boys, zählen 1947 nur neun Mitglieder, aber schon zwei Jahre später stockt er sie zu einem großen Orchester auf. Von nun an ist der Timbales-Virtuose mittendrin im Mambo-Craze, den er mächtig anheizt, in d en 1950ern verhilft er auch dem Cha Cha Cha zu immenser Popularität. In der gleichen Dekade liefert er sich mit den Spitzenperkussionisten der Latin-Riege legendäre Duo-Schlachten: Mongo Santamaria, Ray Barretto, Jo hnny Pacheco und Willie Bob o spielen alle mit der Puente-Bigb and. Ab den 1960ern zeig t sich “El Rey d el Mambo” sehr wandlungsfähig: Bossa- und Broadway-Hits adaptiert er gleichermaßen, mischt auch in der Boogaloo-Welle mit. Im Jazz ist er ebenso zuhause, im Rock und Pop hinterlässt er Spuren - wer kennt nicht die legendäre Santana-Version seines “Oye Como Va”? Die späten Alben im Jahrzehnt vor seinem Tod 2000 sind seine wahren Meisterwerke: Vom 99. (!) namens Goza Mi Timbal, das auf dem Jazz-Label Concord Picante 1989 herauskam, wurde hier ein sanfter Cha Cha Cha ausgewählt.

Immigration mal umgekehrt: CHICO ÁLVAREZ wurde als Sohn kubanischer Eltern in Brooklyn geboren, kehrte aber als Kind in die Heimat zurück, um dort die kulturelle Vielfalt in all ihrer Intensität aufzusaugen. Gesättigt mit den Klängen des Mutterbodens ging es dann wieder Retour an den Hudson, wo er heute als einer der respektiertesten Allrounder der Latin-Gemeinde agiert: Álvarez hostet seine beliebte Salsa-Show auf dem New Yorker Sender WBAI, hat sich als Musikologe, Graphikdesigner und Sänger gleichermaßen hervorgetan wie als Arrangeur. Dass er gerade in letzterer Profession ein wahrer Meister ist, kann auf “La Clave, Maraca Y Güiro” verifiziert werden, das drei zentralen Schlagwerkzeugen (Holz, Rassel und Schrapper) der Música Latina Tribut zollt.

Ein Rendezvous mit einem absoluten Klassiker steht an: Gershwins “Summertime” hat ein so starkes melodisches Charisma, dass es in jedem nur erdenklichen Musikstil adaptiert werden kann. Die Version von RAY BARRETTO jedoch gehört zu einer der schönsten. Der am 17.2.2006 mit 77 verstorbene Congueiro war ein schillernder Nuyorican (New Yorker mit puertoricanischen Vorfahren): Von 1950 an mischte er pionierhaft in der Verknüpfung von Bebop und karibischen Rhythmen mit, spielte mit Charlie Parker und trat ins Orchester von Tito Puente ein. Die 1960er sahen ihn mit Titeln wie “El Watusi” an vorderster Front des Boogaloo, am Ausgang des Jahrzehnts wurde Barretto gar ein wenig psychedelisch. In d ieser Schaffensphase veröffentlichte er auf dem legendären Fania-Label - das “Motown der Latin Community” hat wesentlich zur Verbreitung des Begriffs “Salsa” beigetragen. In späteren Jahren konnte man bei Barretto, der mit Gillespie und Wes Montgomery kollaboriert hat, einen verstärkten Zug zum Jazz verspüren. Sein bezwingend nokturnes “Summertime” jedoch stammt aus einer Jamsession des Jahres 1972, die auf einem seiner stärksten Alben, Carnaval, enthalten ist.

Einem weiteren Nuyorican, der vor kurzem verstarb , hat Putumayo diese Kompilation gewidmet. Es ist HILTON RUIZ, der schon als achtjähriger Wunderknabe in der Carnegie Hall auftrat und sich als Pianist in früheren Jahren auch im Jazzgefilde tummelte, unter anderem bei Fred die Hubbard, Joe Henderson und dem Avantgarde-Bläser Rahsaan Roland Kirk. Natürlich kann er auch auf eine lange Liste von Latino-Kombattanten wie Paquito D’Rivera und Tito Puente verweisen. Letzteren ehrt er mit dem gewitzten “Steppin’ With T.P.”, das von seiner letzten Einspielung stammt und neben den stupenden Tasteneinlagen ein wunderbares Vibe-Solo von Jay Hoggard offenbart. Ruiz starb völlig unerwartet unmittelbar vor einem Benefizkonzert für die Katrina-Opfer in New Orleans im Juni 2006.

Während der klassischen Mambo-Blütezeit der 1950er und 1960er hat er im Hintergrund für Giganten wie Tito Puente, Eddie Palmieri und Tito Rodriguez gewirkt. 1974 trat MANNY OQUENDO aber schließlich mit seinen Timbale- und Bongo-Künsten aus dem Schatten der Dirigenten heraus und stellte zusammen mit dem Bassisten Andy Gonzalez den CONJUNTO LIBRE auf die Beine. Seit dreieinhalb Jahrzehnten verbindet die Combo afro-kubanische Grooves mit Jazz- Arrangements und spart auch sozialkritische Statements in ihren Texten nicht aus. “Cuando Se Acabará” ruft zur Beendigung von Diskriminierung in jeglicher Hinsicht auf und unterstreicht die Botschaft des Sängers Jorge Maldonado durch ein furioses Gewitter des Enfant Terribles der Latin-Posaune, Jimmy Bosch.

Von der Posaune zur Trompte: Einen Meister des Blechs haben wir mit ALFREDO “CHOCOLATE” ARMENTEROS vor uns, und einige dürften ihn seit seinem Beitrag zu – passend bei dem Namen - Putumayos Music From The Chocolate Lands kennen. Wegen seiner dunklen Hautfarbe, aber auch wegen seines süßen Spiels bekam er seinen Spitznamen weg. Ein halbes Jahrhundert lang war Armenteros in der Latin-Szene omnipräsent. Schon auf Cuba hat er mit Titanen wie Arsenio Rodríguez und Beny Moré gespielt, in den 1960ern schließlich besetzte er die Trompeten-Position in Machitos Bigband, blies für Eddie Palmieri und Johnny Pacheco von den Fania All Stars und war auch am grammybedachten Album Cachao’s Master Sessions beteiligt (Bassist Cachao ist der Vater des Buena Vista-Mannes Cachaíto). ”Trompeta En Montuno” bietet einen neunminütigen Einblick in Chcocolates ideenreiche Improvisationskunst und stammt aus der Veröffentlichung Chocolate En Sexteto aus dem Jahre 1983.

Wie zu Beginn nochmals ein latino-amerikanisches Gipfeltreffen. Trompeter BRIAN LYNCH kennt man in der New Yorker Szene als beschlagenen Vermittler zwischen karibischen und jazzigen Tönen. Der Mann aus Milwaukee hat sowohl mit einer Palette von Jazzern wie Horace Silver oder Art Blakey gearbeitet, kehrt aber immer wieder auch zum Teamwork mit EDDIE PALMIERI zurück, der seinerseits wiederum oft mit Thelonious Monk oder McCoy Tyner verglichen wurde. Verantwortlich dafür ist zum einen Palmieris ausgebufftes Pianospiel, zum anderen seine Fähigkeit, vielschichtige Arrangements zu entwerfen, die letztlich mit dem Feuer der Salsa zu einer unschlagbaren Legierung verschmelzen. Der größte Fusionist des Latin Jazz im frühen 21. Jahrhund ert konnte sieben Grammies auf sich vereinigen, zuletzt für die Scheibe Simpático, an der auch Lynch beteiligt war. Aus diesem Werk ist “Guajira Dubois” entkoppelt, das neben einem atemberaubenden Solo des Amerikaners mit der Sax-Einlage von Phil Woods einen weiteren Jazzer exponiert.

 

 

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