Putumayo Presents

RADIO LATINO

EXIL 84507-2 / VÖ:13.10.2006 /LC 08972/ DISTRIBUTION: INDIGO

 

1. Sacha Nairobi: ”Princesa” (Sacha Nairobi)
2. Javier García: ”Me Gustaría” (Javier García/Juan Girón)
3. Bebe: ”Men Señará” (Bebe)
4. Martín Buscaglia: ”Vagabundo” (V. Simon/A. Gil)
5. Orishas: ”Reina de la Calle” (Orishas/Noc chi-Gonzalez, Rivero-Rakotoarivelo, Rabefahiry)
6. Kelvis Ochoa: ”Viento Y Tiempo” (Kelvis Ochoa)
7. Costo Rico: ”Por Esos Mares” (Costo Rico)
8. Raul Paz: ”Mama” (Raul Paz)
9. Los Pinguos: ”Cielo Escarlata” (Jose Tomas Agote/Adrian H. Buono)
10. The Tao of Groove: ”Mulatica Mia” (Roy Shakked)
11. Jorge Moreno ”Candelita” (Jorge Moreno/Chein Garcia)

Immer wieder kehren die Perlentaucher von Putumayo mit Herzblut in die Gründe der Música Latina zurück und heben vor allem in der Sparte Latin-Pop ungeahnte Schmuckstücke für europäische Ohren. Und keine andere “Welt-Musik” präsentiert sich in den ersten Jahren des neuen Millenniums derart heißblütig und vielfältig: Shakira, Ricky Martin und Konsorten haben den Weg für eine neue, pfiffige lateinamerikanische Popmusik der US- und Euro-Exilanten geebnet, die Mestizo-Bewegung ist in vollem Gange und auch Club-Heroen hantieren experimentierfreudig mit Roots aus Südamerika und der Karibik. Auf RADIO LATINO versammeln sich all jene Facetten zu einem peppigen Update. So klingt der Weltempfänger, der auf Latino-Stationen rund um den Erdball getuned ist.

Ein Teil der Erlöse des Albums geht an United For Columbia. Kolumbien hat jedes Jahr Hunderte unschuldiger Zivilisten als Opfer von Landminen zu beklagen, die von Guerilleros ausgelegt werden, 12 Prozent von ihnen sind Kinder, und es trifft fast ausschließlich die Anteile der Bevölkerung, die unter der Armutsgrenze leben. Nur in Afghanistan und Kambodscha wird diese traurige Zahl noch übertroffen. Die Organisation United For Colombia unterstützt diese Opfer mit spezieller medizinischer Versorgung, die eine Behandlung der Verletzungen und Rehabilitation ermöglicht. Einer der prominenten Unterstützer ist der Rockstar Juanes, der u.a. mit dem Benefiz-Konzert “Colombia Sin Minas” als Good Will Ambassaor Geld für UFC gesammelt hat. www.unitedforcolombia.org

Das Nationalinstrument Venezuelas leuchtet durch den Anfangstrack. SACHA NAIROBI sorgt dafür, dass sich das viersaitige Quatro aus seinem ansonsten üblichen Folklore-Kontext lösen kann und sich auch in packendem Pop-Arrangement wohl fühlt. In die Familienband ihres Vaters und ihrer drei Brüder, die Hidalgos, hineingeboren, zog es die Sängerin 1998 aus der familiären Obhut hinaus in die weite Welt, sprich in die USA. Ende 2005 veröffentlichte das Nesthäkchen dort schließlich sein selbstbenanntes Debütalbum. “Princesa” erzählt zu knackigen Beats, launigen Blechbläsern und dem Pluckern des Quatro von einer ehemals verwöhnten Luxusdame, die all ihren Tand für die große Liebe eingetauscht hat.

Als Kosmopolit sowohl was Gene wie auch Vita betrifft, hat JAVIER GARCÍA mit seinen Klängen Weltgewandtheit eingefangen. Er ist der Sohn einer irischen Mutter und eines kubanischen Vaters, wuchs in Madrid auf, kam dann auf die Grüne Insel, landete schließlich in Miami. 1997 erblickte sein erster CD-Wurf das Licht der Öffentlichkeit, den Durchbruch brachte sein Werk 13, das vom argentinischen Tausendsassa-Produzenten und –Filmmusiker Gustavo Santaolalla (Juanes, Cafe Tacuba) in perfekte Form gegossen wurde. Von seinem zweiten Opus, das mit Gastmusikern wie dem Paul McCartney-Drummer Abe Laboriel Jr. oder Arturo Sandoval gespickt ist, hören wir “Me Gustaria”, ein Liebesgeständnis mit starker kubanischer Würznote.

Der kometenhafte Aufstieg der BEBE ist schon fast unheimlich: Die Sängerin mit der nicht ganz unschuldigen Kindsstimme stammt aus Valencia, wo sie ihren Eltern beim Singen von Folksongs zulauschte. Sie selbst allerdings machte sich mit 18 nach Madrid auf und wurde in der Clubszene der iberischen Kapitale gleich als Star gehandelt. Der Remix-Meister Carlos Jean war es, der ihr mit dem Chartbreaker Pafuera Telarañas (Hinaus, Spinnweben!) den Durchbruch bescherte und sie in den Olymp des spanischen Pophimmels hievte. Aus dieser Scheibe ist auch “Men Señará” entkoppelt, in dem sich die Grammy-Siegerin zu dezenter elektronischer Beatgebung mit den folgenden Worten räkelt: “Die Stimme des Meeres wird mich lehren, wird mich lehren nicht zu weinen, sie wird mich lehren zu erkennen, dass es Wunden gibt, an denen man wächst.”

Uruguay ist auf der Latinpop-Landkarte international eher unbescholten, allein durch den Songwriter Jorge Drex ler hat es sich bislang hervorgetan. Nun schickt sich ein weiterer Sohn des Landes und Drexler-Freund an, über die Grenzen hinaus an Geltung zu gewinnen. MARTÍN BUSCAGLIA wuchs unter künstlerischen Vorzeichen auf, seine Eltern waren in der Theater- und Tanzszene Montevideos verankert. Als Jugendlicher begeisterte er sich für ein weites Feld an musikalischen Stilen von Tom Waits über klassischen Soul bis zu brasilianischen Stars. Dementsprechend eklektisch ist seine eigene Musik von heute: Buscaglia kollaboriert mit Caetano Veloso und Drexler, covert auf seinem Debüt El Evangelio Segun Mi Jardinero auch mal mit Synthi-Flair einen Kuba-Klassiker wie “Vagabundo”, den Los Panchos schon in den 1950ern kreiert hatten.

Eine beispiellose Erfolgsstory zwischen der Karibik und Europa haben die ORISHAS aufzuweisen. Sie noch weitschweifig vorzustellen, würde heißen, Zigarren nach Kuba zu tragen. Deshalb nur noch knapp die Facts: Von Exilanten und dem französischen Rap-Producer Miko Niko in Paris 1990 gegründet, spielen die HipHopper seitdem die führende Rolle in der Verbindung von Roots wie Son und Santeria-Ritualen mit urbaner Street Culture. Dafür werden sie sowohl in Europa als auch in Lateinamerika von der Weltmusik- und Rap- Gemeinde gleichermaßen verehrt. “Reina De La Calle” (“Königin der Straße”) stammt vom dritten Output El Kilo aus dem Jahre 2005 und thematisiert in einem nachdenklichen Flow die Prostitution in Kuba: “Nur fürs Geld, Mädchen, das ist es nicht wert, Deinen Körper und Deine Seele dieser Qual auszusetzen, die Dich verbrennt.”

Und wir bleiben bei tönenden Verbandelungen zwischen Kuba und der Alten Welt: Auf KELVIS OCHOA, ein Kind der Isla De La Juventud, wurde man aufmerksam, als er mit dem Songwriter-Duo Gema Y Pavel in Europa tourte. Seine anschließend gegründete Band Habana Abierta (“Offenes Havanna”) wurde ihrem Namen gerecht, sorgte sie doch dafür, dass zeitgenössische Musik aus seiner Heimat auch in Spanien ansässig wurde, dem neuen Wahl-Wohnort von Ochoa. Vorläufiger Höhepunkt seiner Karriere: Der ausgesprochen rockige Soundtrack für den Streifen Habana Blues, der einen Oscar abräumte. Kelvis beruft sich auf den Sucusucu, ein traditionelles Genre der Juventud- Insel, den er mit Rock, HipHop, Funk und Pop zu einem scharfen Sud anrührt. ”Viento Y Tempo” ist ein Werkstatteinblick in sein demnächst erscheinendes Solo-Album.

Und nun mitten hinein ins Herz der tobenden Mestizo-Bewegung. Wer denkt, diese wäre so langsam in den letzten Zügen, höre sich bitte die Fabrikationen des Barcelonaer Kollektivs COSTO RICO an, derzeit sicherlich einer der schärfsten Acts der Stadt nach Muchachito Bombo Infierno. Das Nonett verknüpft Rockballaden mit federleichten Salsatänzchen; Reggae mündet dramaturgisch geschickt einmal in ausgelassene Rumba, dann in ein vorwärtstreibendes perkussives Feuer, dazu kommen Ausflüge nach Brasilien und Schwarzafrika - und natürlich jede Menge Uptempo-Ska. Die charismatische Sängerin Meri López verleiht allen Titeln eine reizende, sonnige Vokalpräsenz, wie dem hier ausgewählten “Por Esos Mares” vom Debütwerk El Patio von 2004.

Er ist unbestritten der Sunnyboy der kubanischen Songwriter-Szene und auch er hat einen Fuß in Europa. RAUL PAZ aus Pinar Del Rio nennt nun seit fast einer Dekade die Seine-Metropole seine Wahlheimat und ist doch tief verwurzelt auf seiner Muttererde, wie Kollaborationen mit Los Van Van und anderen Latino-Größen bezeugen. Apropos Mutter: Sein Abschiedstrack von derselbigen, “Mama”, geleitet als exquisiter Einstieg in die Welt des Señors: Ein schlurfender und zugleich funkiger Groove, gepaart mit satter Beat-Unterfütterung, vorwitzigem Piano, wohlplatziertem Blech und natürlich einem Ohrwurm-Refrain verrät die Rezeptur für seine aktuelle Erfolgsgeschichte. Und die wird - nach dem in Deutschland von den Dancefloor-Hexern Danya Vodovoz und Ferry Ultra produzierten Debüt Mulata – gerade mit dem Nachfolger Revolución nahtlos weitergeschrieben.

Zugvögel aus Argentinien sind diese Pinguine: LOS PINGUOS aus Buenos Aires sind uns kürzlich schon angenehm auf der Putumayo-Scheibe Baila! aufgefallen. Mit ihrem catchy Amalgam aus Latin-Rock, peruanischem und kubanischem Hauch mit Reggae kam die junge Combo 2001 nach L.A., wo sie im Handumdrehen als Partyband der Filmleute bekannt wurde. Heute zählen sie zu den Top-Bands der Latino-Community der Metropole. Das reggaefizierte “Cielo Escarlata” mündet in ein brasilianisch angetupftes Finale mit Perkussion, wie sie ansonsten eher in der bahianischen Axê-Musik gepflegt wird: “In dem Nest, das Du in meinem Herzen bewohnt hast, bewahre ich alles auf, was ich Dir nie geben konnte” – so offenbaren sich Rockeiros als Romantiker.

Wir bleiben gleich in Kalifornien und sind zu Gast beim Produzenten Roy Shakked, dessen Geisteskind das Projekt TAO OF GROOVE ist.
Chef von Groove Gravy Records und Absolvent des Berklee College of Music war der kreative Soundman erst als Musikschöpfer für Fernsehproduktionen im Einsatz, stürzte sich dann in seine Solokarriere. Fresh Goods hieß 2002 das Ergebnis, auf dem sich in wild gemixter und doch schlüssiger Manier Blues, TripHop, asiatisches Flair und Latin Soul tummeln. Letzterer durchtränkt auch den Track “Mulatica Mia”, der von der lockeren Spiellaune des Flötisten Artie Webb profitiert und mit den Vokalfarben von Martin Padilla (Leadsänger des Orquesta Tabaco Y Ron) über sanften Streichern aufwartet.

Zum Ausklang eine Exkursion nach Miami: JORGE MORENO vereint als Kind von Immigranten seinen karibischen Background mit seiner urbanen Realität, kubanische Wurzelarbeit trifft auf Funk und Pop. Schon auf der High School gründete der Heißsporn eine Band mit dem Kollegen Javier Garcia (s. Titel 2), agierte später als Produzent von Songs, die arabische Elemente, spanisches Flair und nostalgische Doo-Wop-Elemente unter einen Hut brachten. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine gewisse Madonna auf ihn aufmerksam und signte ihn für ihr Label Maverick, ein Grammy als “best new artist ” folgte. “Candelita” erzählt zu feurigen Tanzrhythmen die pikante Geschichte von einer Liebhaberin, die zugleich Beziehungen zu ihrem Lover wie auch zu einer Frau unterhält.

Venezolanische, uruguayische, kubanische und argentinische Roots verflechten sich in L.A. und Miami genau wie in Paris, Madrid und Barcelona mit urbanen Errungenschaften zu einem nachsommerlichen Soundtrack für Straße und Strandbar, für Lounge und Living Room.

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