Putumayo Presents

Music From The Wine Lands

EXIL 6952-2 / LC 08972 / VÖ: 7.7.2006 / DISTRIBUTION: INDIGO

 

Vorbei sind die Zeiten des urdeutschen Mythos von ”Wein, Weib und Gesang”, und der Anspruch Europas, den Wein als Kulturerbe für sich pachten zu wollen. Die Geschichte des Weins kann heute nur noch als eine globale erzählt werden. Weit über die Alte Welt hinaus gedeiht der Göttertrank inzwischen, er ist längst zu einem universellen Getränk geworden. Putumayo betrachtet den Wein genau unter diesem weltumspannenden Aspekt und hat aus den Jahrtausende alten Traditionsregionen ebenso wie aus den jungen Anbaugebieten tönendes Accompagnement zusammengetragen. Ob Napa Valley oder die Hügel über Porto, ob Rioja oder Riesling, Bordeaux oder Barolo – Dan Storpers Team lädt ein zu einer beschwingten Degustation aus französischen, italienischen, griechischen, spanischen, portugiesischen, deutschen, argentinischen, chilenischen, südafrikanischen, australischen und amerikanischen Sorten, die Gaumen und Ohr gleichermaßen schmeicheln und anregen werden.

Ein Teil der Erlöse aus dem Verkauf von “Music From The Wine Lands” geht an Slow Food. Der Non-Profit-Verein hat sich 1986 als Antwort auf die rasante Ausbreitung des Fast Food und des damit einhergehenden Verlustes von Esskultur und Geschmacksvielfalt gegründet. Heute ist Slow Food eine weltweite Bewegung mit
80 000 Mitgliedern in 104 Staaten auf allen Kontinenten. Insgesamt 750 Slow Food Convivien - so nennt man die regionalen Anlaufstellen der Bewegung - betreiben bewusstseinsbildende Initiativen vor Ort und organisieren öko-gastronomische Veranstaltungen für ihre Mitglieder. Damit verbunden ist die Rettung bedrohter Tierrassen und Pflanzensorten, insbesondere zur Wahrung traditioneller Herstellungsmethoden besonderer regionaler und lokaler Nahrungsmittel - vornehmlich in Ländern der dritten Welt.

Insbesondere unterstützt Putumayo das vom 26. bis 30. Oktober 2006 stattfindende Treffen Terra Madre, während dem in Turin 1500 Lebensmittelbündnisse aus 5 Kontinenten, 5000 Bauern, Viehzüchter, Fischer und handwerkliche Erzeuger, 1000 Köche und 200 Universitäten zusammentreffen werden, um Erfahrungen auszutauschen und konkrete Vorschläge zu diskutieren, die eine bessere Landwirtschaft und gute, nachhaltige und faire Lebensmittel möglich machen. www.slowfood.com, www.terramadre2006.org

Und jetzt zur Musik:
Bien entendu, unsere musikalische Probe startet im Weinland par excellence. Die 27jährige Neo-Chansonière PAULINE CROZE aus Noisy-le-Sec bei Paris ist eine absolute Neuentdeckung auch für uns Nachbarn der Franzosen. Pauline kam 2003 als Enthüllung des großen Festivals Transmusicales in Rennes raus, übernahm dann das Opening in Konzerten für die Akustik-Reggae-Adepten Tryö und für Lhasa. Letztes Jahr veröffentlichte sie ihr Debüt, das von der Produzentin Edith Fambuena betreut wurde – und die beschreibt sie als eine direkte, leidenschaftliche, bissige, feurige Poetin. CROZE hat für ihre Texte eine Klanglandschaft geschaffen, die spanische, kreolische und lateinamerikanische Tupfer zulässt. “Tita” offenbart zur swingenden Nylongitarre die dichterische Kraft der Nachwuchsschreiberin: “Tita träumt von einer wahnsinnig hitzigen Liebe, sie spricht von einer Welt des Seiltanzes, Tita krepiert in der vertrockneten Wüste, gefangen in der Falle ihrer Angst vor der Leere. Tita beschleunigt den Schritt, sucht die Herrschaft der saphirfarbenen Trunkenheit.”

Auf der spritzigen Putumayo-Kollektion Italian Café haben wir mit ihm schon Bekanntschaft gemacht: Der verschrobene VINICIO CAPOSSELA gibt sich als musikalischer Gauner, der seine frechen Canzone mit Cabaret-Flair, Surfgitarren, Anleihen bei der Zigeunermusik, Polka, Tango, karibischen Rhythmen und den italienischen Wurzeln aus der Region Emilia-Romagna tränkt. Capossela ist mehr als der Hybrid aus Paolo Conte, Tom Waits und Goran Bregovic, als der er des öfteren gesehen wird: Er greift auf die Literatur von Oscar Wilde und Geoffrey Chaucer zurück, kreiert auch mal eine musikalische Hommage an Fellini, ist untergründig, im nächsten Moment wieder sonnendurchflutet. Mit “Si É Spento Il Sole” möbelt er sogar einen Adriano Celentano- Klassiker auf. Und die Hannoveraner können stolz auf ihn sein: Geboren wurde der Poet 1965 nämlich an der Leine, ist also eigentlich ein Sohn der Stadt.

Man bezeichnet sie als weiblichen Manu Chao und in der Tat versucht die quirlige Amparo Sánchez diesen Eindruck nicht zu widerlegen. Dabei hätte sie das gar nicht mehr nötig, ist sie doch selbst äußerst weltläufig: Mit Jazz und Blues hatte die Frau aus Granada in jungen Jahren ihrem Idol Billie Holiday nachgeeifert, dann in Madrids multikulturellen Viertel Malasana, in Marseille und Casablanca Anschluss an den Mestizo-Clan gefunden. Seit 10 Jahren agiert sie nun in ihrer Band AMPARANOIA, die in der heutigen Música Latina eine der ausgekochtesten Mixturen spielt: Kreisende Salsa-Muster schliddern in Polka-Punk hinein, Reggae und Ska kreuzen sich mit melancholischem Balkan-Schmelz, Rumba flirtet mit Cumbia, und ihre Bolero-Adaptionen, inspiriert durch eine Kubareise, sind legendär. Für die Sängerin, die sich in ihren Texten wie im wirklichen Leben für Frauenrechte und die Zapatisten von Chiapas engagiert, ist der dunkel anmutende Bandname durchweg positiv besetzt – denn “Paranoia” steht in Spanien auch für eine innere Neugierde, die unbedingt ein Ventil braucht. Schöner könnte man die Philosophie dieser Powerfrau nicht in Worte fassen. “Puerto Claridad” ist einer ihrer kubagetränkten Songs und stammt von einem älteren, weniger bekannten OEuvre namens Feria Furiosa.

Dank Mísia, Cristina Branco oder Mariza ist das Fado-Genre auch im 21.Jahrhundert brandaktuell geblieben, Doch die drei Damen sind nur die plakative Speerspitze einer großen Bewegung, die mit immer neuen Talenten Portugals Nationalstil ständig neu belebt. JORGE FERNANDO ist bei uns kaum bekannt: Er wuchs als kleines Kind schon in die Gesangspraxis des alten Lissabons hinein, spielte später sechs Jahre lang die portugiesische Gitarre für Amália Rodrigues und produzierte die letzten Werke der 2000 verstorbenen Diva. Damit erübrigt sich die Frage nach seiner Kredibilität – mit solch hohen Weihen ausgestattet hat Fernando seitdem seine Solokarriere angekurbelt und sich für sein Album Velho Fado mit Prominenz wie dem brillanten Gitarristen Custódio Castelo umgeben. Das bittersüße Titelstück bringt das Schwanken zwischen Sehnsucht und Zuhausefühlen in der Melancholie wunderschön zum Ausdruck. Ob es Puristen gefällt oder nicht: Die USA spielen nun eine führende Rolle auf demWein-Weltmarkt mit Kalifornien und seinem Napa Valley als einem Zentrum. So ist hier mit ALISON BROWN auch eine Musikerin des westlichen Sonnenstaates vertreten, die sich aber panamerikanisch gibt: Ihre Spezialität ist der Bluegrass aus den Appalachen – progressiv umgeformt mittels eines espritgeladenen Banjos. Nachdem sich Brown als Teenagerin in der südkalifornischen Szene um San Diego unter anderem mit dem Geiger Stuart Duncan die Hörner abgestoßen hatte, wurde die Dame bei der Namensvetterin Alison Krauss und ihrer Union Station geschult, bei der sie Ende der 1980er einstieg. Anfang der 1990er war sie gar als Bandleaderin mit Michelle Shocked unterwegs. Mittlerweile bringt sie es schon auf vier Solo-Alben auf dem renommierten Label Vanguard, das Debüt wurde vom innovativen Mandolinisten David Grisman produziert, auf späteren Werken musizierte sie mit allen Größen der New Acoustic Music von Jerry Douglas bis Bela Fleck. Jazzig gibt sich die Miniatur “Look Left”, in der verschmitzt auch Flöten- und Pianotöne hervortreten.

Mit ANA LAAN machen wir zum zweiten Mal Station in der spanischen Rebenlandschaft. Kosmopolitin durch und durch wurde Señora als Tochter eines spanischen Literaturprofessors und einer amerikanischen Mutter in Madrid geboren, zog später nach Stockholm und kehrte dann in Iberiens Gefilde zurück, um in ihrer Heimat zu einer populären Singer/Songwriterin zu avancieren. Durch ihre Reisen und die multikulturelle Aufgeschlossenheit ihrer Eltern sog Ana eine Menge Einflüsse auf, die ihre Musik zu einer farbenprächtigen, entspannten Akustik-Palette macht: Klassik, Jazz und brasilianische Farben tragen zum Kolorit bei, “Para El Dolor” lebt von einer unverkennbaren Bossa-Einfärbung – bereichert wird der Track vom Pianospiel und Gesang des uruguayischen Stars Jorge Drexler, der vor kurzem den Oscar für die Filmmusik zu “Die Reisen des jungen Che” gewann und zugleich Anas Gatte ist.

Und damit hinüber auf den südamerikanischen Kontinent, wo ja im Gebiet um die argentinische Stadt Mendoza ein hervorragender Wein reift. MELINGO haben die Önologen als musikalischen Vertreter geschickt, und mit einem Background als Rock- Shouter, brasilianischem Pop und Tango-Interpret gibt sich der Sänger souverän in vielen Genres. Auf seiner neuesten Scheibe hat er sich der Milonga zugewandt, einem der stilbildenden Vorläufer des Tango, der noch mit afrikanischen Farben getränkt ist. Die schmachtende Nocturne “Sin Luna” fängt die Weinseligkeit eines Latinos bilderreich ein: “In einer Nacht ohne Mond am Himmel fühlte ich Trost in Deinen Armen, es war ein Moment für die Ewigkeit, den ich immer im Herzen behalten werde.”

Rembetiko entstand als griechischer Blues in den Tavernen von Piräus, als viele Griechen in den 1920/30ern aus Kleinasien vertrieben wurden und dort eine Zuflucht fanden. Viele Metamorphosen hat er bis heute durchlaufen, und eine Meisterin der aktuellen Form war die am 16. August letzten Jahres verstorbene VICKY MOSCHOLIOU. Der Aufstieg der Diva ist beispiellos: Von den Kneipen ging es über die großen Konzerthallen in die Filmstudios, wo sie legendäre Kino-Soundtracks (z.B. zum Streifen Lola) einsang, bis an die Königshöfe von Griechenland, Persien und Jordanien. Zwar ist Rembetiko mit süßem Wein und starkem Kraut verbunden, doch auch der Kaffee wurde in den Spelunken der Hafenstadt vor Athen natürlich ausgeschenkt. Und so singt die Moscholiou hier höchst originell von dem schwarzen Gebräu, schlägt zugleich die Brücke von dieser Wein-Kollektion zu den beliebten “Coffee Lands”-Sammlungen Putumayos: “Dachtest Du, ich sei Dein Kaffee? Dachtest Du, Du könntest mich jeden Tag in Deiner Tasse haben? Ich mag zu nichts nütze sein, aber ich bin eine herbe Mischung!”

Sowohl in ihrer ursprünglichen als auch in ihrer Exil-Heimat wird dem Weinbau gefrönt: MARIANO MONTALVO ist gebürtige Chilenin, kam Mitte der 1970er aber nach Frankreich, wo sie mit der Gruppe Los Machucambos südamerikanische Roots an ein europäisches Publikum vermittelte. Sie fühlt sich der Tradition des Nueva Canción verpflichtet, jener politisch motivierten Liedermacher-Bewegung um Victor Jara und Mercedes Sosa. “Hombre Pequeñito” ist eine ruhig fließendes Kleinod, das mit andinischen Anklängen aufwartet und mit einem wunderbaren Streichersatz arrangiert wurde.

Der singende Bahnwärter aus dem Piemont hat in den letzten Jahren für einiges Aufsehen und –horchen auf deutschen Festivals gesorgt: Mit seinen unspektakulären aber sehr präzisen Beobachtungen traf GIANMARIA TESTA den Nerv eines Publikums, das sich auf versonnene Lieder zur akustischen Gitarre einlassen kann. Der Poet aus Cueno nahe der französischen Grenze wurde mit seinen Canzone erst Mitt e der 1990er im Ausland wahrgenommen, als ihn eine französische Produzentin entdeckte. Trotz allen Erfolges hat der eigenwillige Künstler seinen Job als Streckenüberwacher nicht an den Nagel gehängt – vielleicht hat er ja in der Abgeschiedenheit der Schienen seine besten Ideen, wie etwa für die Miniatur “Dentro La Tasca Di Un Qualunque Mattino” aus dem Album Il Walzer Di Un Giorno.

Von der Neuen Deutschen Welle mitten hinein in weinkompatibles Chanson: Inga Humpe, echte Berliner Schnauze und Schwester der “Ideal”-Figur Anette Humpe agiert als Schmachtstimme in der 2RAUMWOHUNG, die außerdem der Produzent Tommi Eckhart bewohnt. Der Fokus des Duos, das mit einem Jingle den Weg in die Hitparaden fand ( “Ich weiß warum”) liegt gewöhnlich in der Electro Lounge-Ecke, im Falle von “Liebe” haben sie sich aber zu einer richtig überzeugenden German Bossa hinreißen lassen. Feiner Pinselstrich auf den Drums und eine vollmundige Gitarre, Flötenkaskaden und vokales Understatement – ein ungewöhnlicher Soundtrack fernab weinseliger Dorffeste!

Als herausragender akustischer Gitarrist, Komponist und Arrangeur ist der 2001 verstorbene DAVID HEWITT in die Geschichte der südafrikanischen Musik eingegangen. Ursprünglich wirkte er als Rocker, wurde in den 1980ern zur Nylongitarre bekehrt und veröffentlichte mit African Tapestry und The Storyteller zwei wunderschöne afrikanisch beeinflusste Alben. Mit Tessa Ziegler formte er das wichtigste klassische Gitarrenduo am Kap und verband in seinen Konzerten und auf seinen Platten erfindungsreich klassische und populäre Musik. Nachdem er lange Zeit an der Alzheimer-Krankheit gelitten hatte, verstarb der Saitenmeister 2001 in KwaZulu-Natal.

Zum Abschluss ein Exkurs nach Down Under, dem Modeland schlechthin wenn es um Wein-Entdeckungen geht: Gitarrist Aaron Hopper und Sängerin Kacey Patrick aus Brisbane formen seit rund einer Dekade das Duo STRINGMANSASSY. Angefangen haben die beiden mit Jazz, wichen aber bald vom Hauptpfad auf verschlungene Nebenwege aus, wo sie Folk, Blues und auch dem ein oder anderen Stevie Wonderoder Sting-Song auflauerten. Der Stringman Aaron erzeugt dabei mittels technischer Kniffe den Eindruck eines ganzen Saitenensembles, Kacey, die “Sassy”-Komponente, fächert mit Witz und Charme ein großes vokales Spektrum auf. Ohne Frage, die beiden erinnern stellenweise an eine weiße Version von Tuck & Patti, wie auch das groovige Stück “Headless” zeigt.

Ist diese Musik nun adstringierend, lieblich oder gar mit einer herben Nebennote nach Pferdeschweiß ausgestattet? Wir müssen das mitunter skurrile Vokabular der Önologen gar nicht überstrapazieren. Stellen wir einfach fest: Diese Platte ist – ganz ohne snobistische Anflüge – der ideale globale Begleiter zu einem Glas Wein am Abend.

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