Six Degrees Presents

TRAVELER 06

 

EXIL 6778-2 / LC 08972 / VÖ: 24.3.2006 / DISTRIBUTION: INDIGO

1. Niyaz: „Diluba“ - Junkie XL Remix (Azam Ali/Loga Ramin Torkian) 9‘08"
2. Cheb I Sabbah: „Esh ‚Dani Alash Mshit“ - Summer In Algiers Remix Temple Of Sound vs. Cheb I Sabbah (Serge El Beze) 6‘18"
3. MIDIval PunditZ: „Ali“ - Banco De Gaia Remix (Gaurav Raina/Tapan Raj) 5‘45"
4. Dierdre: „Firefly“ - Waxxshoppers’ New Skool Rmx (Dierdre Dubois/Christian Ricau) 7‘08"
5. Issa Bagayogo: „Touba“ - Kabanjak Remix (Issa Bagayogo/Yves Wernert/Bebey Anderson ) 4‘13"
6. Karsh Kale: „Manifest“ - Yossi Fine’s Excentric Remix (Karsh Kale/Napolean Maddox) 4‘35"
7. Shrift: „As Far As I Can See“ - Dalata Remix (Miranda/Wheatley/Franck) 4‘37"
8. Bossacucanova: „Eu Quero Um Samba“ (Haroldo Barbosa) 3‘59"
9. The Real Tuesday Weld: „I Love The Rain“ - Acid Rain Mix (Stephen Coates) 3‘54"
10. Bombay Dub Orchestra: „Mumtaz“ - The Ornament Of The Palace Mix (Garry Hughes/ Andrew Mackay) 7‘36"

Im Herbst 2004 haben wir das Label Six Degrees Records im Exil- Katalog willkommen geheißen. Seitdem hat uns das Haus aus San Francisco mit grandiosen Scheiben der Outernationalists, Issa Bagayogo, DJ Cheb i Sabbah, Los Mocosos, Niyaz, MIDIval PunditZ, Shrift und Chöying Drolma & Steve Tibbetts versorgt - ungewöhnliche Globalsounds vom Sahel-Techno über Asian Breakbeats bis zu buddhistischem Ambient. Richtig enthusiastisch aber werden wir jedes Mal, wenn der Verlag mit der Maxime „Everything is closer than you think“ wieder mal eine Kompilation nach Europa hinüberschickt. Denn die werden bei Six Degrees nicht einfach als Best Of- Koppelungen produziert. Vielmehr gräbt man aus dem Sortiment die feinsten Minütchen heraus und gibt sie sodann bei Meistern ihres Fachs in Remix-Auftrag. Die „Traveler“-Serie stand von 1999-2003 im Fokus dieses Spiels. „Willst Du was gelten, mache Dich selten“, hieß es dann erst mal. Und siehe da: Nach dreijähriger Pause folgt mit Traveler ’06 nun ein weiterer großartiger planetarischer Spannungsbogen mit Preziosen aus der jüngeren Six Degrees-Ära, von zehn Pult-Koryphäen einer aufregenden Metamorphose unterzogen.

Sufi-Mystik in einem zeitgenössischen Mantel - mit dieser Spezialität hat sich das Trio NIYAZ 2005 auf seinem gleichnamigen Album in unser akustisches Gedächtnis gegraben. Die Sängerin AZAM ALI, d er Multi-Instrumentalist LOGA RAMIN TORKIAN - beide Exil-Iraner - und der US-Produzent CARMEN RIZZO haben in Kalifornien die Lyrik des Sufi-Poeten Jalaladd in Al-Rûmi in ein hypnotisches Umfeld zwischen Ambient, Clubsound, iranischem Folk-Vokabular und Alter Musik gestellt. Die magische Substanz ihres Tracks “Dilruba” - ursprünglich auf Punjabi-Rhythmen aufbauend - wird vom niederländischen Dance-Producer JUNKIE XL in einen ekstatischen House-Kracher verwandelt.

In San Francisco ist er ansässig, doch auf seinen Pulten ist die ganze Welt zuhause: Der jüdische Algerier CHEB I SABBAH war bereits in den 1960ern DJ in Paris, dann ein Teil des legendären Living Theatre, kam in den 1980ern in die Bay Area, wo er zum König der global denkenden Clubszene avancierte. Hindustanische und karnatische Musik mit Dub in epischer Dramaturgie verzahnt - diese Klanglandschaften brachten ihm auf mehreren Alben weltweites Staunen ein. Mit La Kahena stieg er d ann letztes Jahr in seine früheste Vergangenheit hinab: Der Maghreb mit all seinen Facetten von Berber über Gnawa bis Tuareg wurde in seine Grooves eingebunden, vokal unterstützt durch allerlei klingende Namen. So ist es auf “Esh´Dani, Alash Mshit” die algerische Raï-Diva CHEBA ZAHOUANIA, die Sabb ah zu einer spirituellen Rückkehr in seine Geburtsstadt Constantine einlädt. Das neue Treatment des Stücks mit pumpendem Unterbau für Clubber stammt von TEMPLE OF SOUND. NEIL SPARKES und COUNT DUBULAH verbergen sich hinter der Marke, zwei Masterminds von Transglobal Underground.

Sie halten die Fahne des Asian Underground - ehemals ein fast ausschließlich euro-amerikanisches Phänomen - nun in Neu Delhi hoch: GAURAV RAINA und TAPAN RAJ, vereinigt unter dem Prädikat MIDIVAL PUNDITZ, haben auf mittlerweile zwei Six Degrees-Alben zur elektronischen Philosophie eines Talvin Singh, Karsh Kale oder Nitin Sawhney aufgeschlossen. Für ihr Werk MIDIval Times fanden sich als Supporter u.a. der Violinen-Maestro Ustad Sultan Khan, Ravi Shankars Tochter Anoushka und Pakistans Diva Abida Parveeh ein, ebenso der New Yorker Labelkollege Karsh Kale. Ihren von Qawwali-Vocals eingefärbten OhrwurmAli” aus dem aktuellen Album haben sie für den Traveler ‘06 in die magischen Hände von Toby Marks gegeben. Unter seinem Pseudonym BANCO DE GAIA zählt d er Engländer mit sage und schreibe sieben Alben zum festen Inventar des Verlags - und wie wir es von ihm nicht anders kennen hat der “Weltbankier” in seinem Heimstudio mit großer Geste einen opulenten Wall Of Sound aus Elektronik errichtet.

DIERDRE DUBOIS war eine Dekade lang die dunkle Stimmenmagierin des Pariser Ethno-Trios Ekova, dem außerdem der Multi-Schlagwerker Arash Khalatbari und d er Saitenvirtuose Mehdi Hadd ab (nun bei DuOuD) angehörten. Madame Dubois allerdings hatte neulich Lust auf einen Seitensprung und konnte Cricket (aka Christian Ricau) und Wayne Frost als führende Sounddesigner der französischen Electronica-Szene für ihre Anwandlungen begeistern. Das Resultat aus der solistischen Werkstatt nennt sich schlicht und ergreifend One und wartet mit einem bizarren Gewirr aus Elec tronics, Noise, Dub und klassischen Anflügen auf. Mood y Blues’ “Nights In White Satin”, ein Barockthema von Bach und ein englisches Traditional mutieren, mal geht es funky à la Prince zu, sperriges Spoken Word wird eingeschoben, dann taucht man wieder in verführerische Chill-Atmosphäre. Für ACIDplanet, eine Internetseite, auf der Digitalkünstler ihre Audio - und Video -Arbeiten mit einer Online-Community teilen, hat Dierdre ihren Track Firefly” für einen Remix- Wettbewerb freigegeben: WAXXHOPPER hat mit seinem knallharten Electro- Funk-Remake den ersten Platz der Competition belegt (siehe auch www.acidplanet.com/contests/dierdre).

Dass die Wüste lebt, wissen Schulkinder spätestens seit dem Walt Disney-Film. Doch dass die Savanne sogar groovt, hat uns 1999 erstmals der Malier ISSA BAGAYOGO mit dem französischen Produzenten Yxes Wernert gesteckt. “Techno-Issa”, wie ihn die Jugend aus Bamako begeistert feiert, kreiert auf seinen drei Alben einen hypnotischen Electro-Afro-Mix, der Dub und House die Hand reicht und dabei auch die Buschharfe, die Nomadenflöte und das Urbanjo Ngoni nicht unterschlägt. Dazu gibt sich das vierzehnte Kind einer Farmer-Familie aus dem Volk der Bozo politisch brisant und historisch spannend: Umwelt, AIDS, unsichere Fähren und Anrufungen an seine Vorfahren sind die Themen, die ihn umtreiben. Tassoumakan, sein drittes, für Six Degrees gefertigte Album von 2004, beinhaltete auch den perkussiven House-Funk “Touba”. Mit rhythmischen Kanten hat den Titel hier KABANJAK versehen. Der Mann zählt zur Posse des Switchstance-Teams aus Moers (www.switchstance.de). Für die Herren aus NRW haben Six Degrees ja eine Schwäche, wie sich schon auf der Kompilation Latin Travels 2 zeigte, die die Switchstance-Artisten Deela featurete.

Bhangra- und Bollywood aus den Immigranten-Vierteln d er South Asians, HipHop à la Brooklyn und Bronx, Electronica aus den Clubs von Lower Manhattan und die Indierock-Sounds von der Lower East Side - all das sind die Zutaten, die New York KARSH KALE (sprich: körsch ka’leh) für seinen global-urbanen Pop liefert. Wenn einer das Asian Undergruond-Erbe des späten 20.Jahrhunderts würdig angetreten hat, dann dieser Soundscaper, der auch schon für Herbie Hancock und Bill Laswell seine Tabla-, Drums- und Programming-Künste zur Verfügung stellte. Realize, Liberation und ganz aktuell Broken English heißen die Six Degrees-Scheiben, auf denen der indischstämmige Kosmopolit modernste Elektronik mit spiritueller Sinnlichkeit verknüpft. Der vorliegende Remix ist ein Zwitter von zwei Stücken: Die Rhymes stammen vom Avantgarde-HipHopper MC NAPOLEON aus Cincinati und kommen aus der Auftaktnummer des Broken English-Opus “Manifest”, der massiv swingende Punjabi-Rhythmus dagegen stammt aus dem Finale “Rise Up” auf der gleichen CD. Und verzwirbelt hat das der Bass spielende Produzent YOSSI FINE, Kollaborateur u.a. von David Bowie, Lou Reed und Rubén Blades. Bekannt wurde er durch sein EX-CENTRIC SOUND SYSTEM, mit dem er von New York über Roskilde bis Nizza seine Up-to-date-Philosophie von Black Music streut, die karibische und afrikanische Elemente mit Rap und Dub vereint.

Sowohl Remixer als auch der Lieferant des Originalmaterials haben im folgenden Fall eine Schwäche für Brasilien. SHRIFT nennt sich das Projekt um den Londoner Mixmaster DENNIS WHEATLEY und NINA MIRANDA. Wheatley riss in vergangenen Tagen immer wieder mit Herzenslust Trennwände zwischen Bossa, klassischen Streicher-So unds und Randy Newman-Songs nieder, um den Dancefloor mit interessanten Mélangen zu erfreuen. Die anglobrasilianische Duo-Partnerin Miranda begann ihr illustres Karriere-Dasein bei der brasilektrifizierten Gruppe Smoke City - alle erinnern sich noch an die Jeans-Werbung mit der Melodie von “Underwater Flow”! Später tummelte sich die Miranda als Duettchanteuse von Bebel Gilberto, Jah Wobble oder dem Afro Celt So und System. Ihr herausragendstes Gastspiel hatte sie jedoch zweifelsohne bei den britischen Brazilgroovern DA LATA - kein Zufall also, dass gerade die es sind, die den Track “As Far As I Can See” von Shrifts Lost In A Moment unter ihre Fittiche genommen haben. CHRIS FRANCK, mit dem Nina schon bei Smoke City war, und Partner PATRICK FORGE haben hier perkussive Feinheiten mit einem Samba-Touch in die Tonspuren eingeflochten.

Ebenfalls im großen Vergnügungspark des Brazilectrohausen BOSSACUCANOVA - sie sind jedoch von rein tropischem Geblüt. Das Projekt rekrutiert sich aus DJ MARCELINHO DALUA, einem enfant terrible an den Turntables in Rio , MÁRCIO MENESCAL, der Bossa-Legende Robert Menescals Sprössling, und dem Keyboarder ALEXANDRE MOREIRA. Seit 1999 zeigen sie den Europäern, wo in der Heimat der Bossa Nova der Elektro-Hammer hängt, bekommen immer wieder anerkennenden Studiobesuch von Prominenz wie Marcos Valle oder Zuco 103. Eine Rarität ist “Eu Quero Um Samba” - ganz unverständlicherweise hatte man den funky Song bei der Track-Auswahl fürs dritte Opus Uma Batida Diferente erst mal in den Eimer mit Ausschussware gelegt. Die Bossa-Perle stammt aus der Feder von Haroldo Barbosa und Janet Almeida, wurde durch die Version von João Gilberto bekannt. Zur fröhlichen Posaune ist es hier CRIS DELANNO, die die freche Vokallinie übernimmt - die in Texas geborene Brasilianerin hat sich seit zehn Jahren als überzeugende Bossa-Interpretin unter ihren Kollegen Anerkennung verschafft.

STEPHEN COATES bekommt von Vornherein schon mal einen Bonuspunkt fürs originellste Pseudonym auf dieser Platte von uns: THE REAL TUESDAY WELD (nach der gleichnamigen Schauspielerin). Dass Coates mit schon zwei Veröffentlichungen im Katalog der Six Degrees-Mannschaft zu finden ist, spricht für die Vielfältig keit des Lab els aus San Francisco. Denn die Arbeit des schrulligen Briten ist unter Weltmusik-Aspekten beim besten Willen nicht mehr einzufangen. Vielmehr werkelt er im Dreieck Cabaret - Singer-Songwriter - Soundscapes. Coates bedient sich der Stimmungen eines Ennio Morricone oder Serge Gainsbourg genauso wie der Bossa-Süffisanz eines João Gilberto, gibt sich mal psychedelisch, dann wieder romantisch. Und er produziert - als ausgekochter Elektronik-Tüftler - gleich seine eigenen Remixes, wie den für “I Love The Rain”, ein Outtake aus seiner zweiten Konzept-Platte The Return Of The Clerkenwell Kid.

Marke Eigenbau ist auch der finale Remix für den Traveler‘06. ANDREW T. MACKAY und GARY HUGHES liefern coole Chill Outs mit Klängen ihres Projektes BOMBAY DUB ORCHESTRA. Mit einem reichen Erfahrungsschatz als Keyboarder und Produzent von u.a. Björk, Sly & Robbie und The Art Of Noise (Hughes) bzw. als Arrangeur für die Popb and ABC und Klangskulpteur der Fotografin Annie Leibowitz (MacKay) haben sie gemeinsam ihren langgehegten Traum realisiert: Symphonischer Panoramaklang à la Bollywood trifft auf Triphop und Ambient, indische Meister ihrer Zunft begegnen entspannter Produzierlaune aus einem englischen Countryside-Studio: “Mumtaz” zeugt im Ornament Of The Palace-Mix vom gelungenen Dialog qua Computer.

Auch das sechste Kapitel der Traveler-Serie dient als unbestechlicher Kompass durch den durchweg guten Geschmack unserer Kollegen von der Bay Area.

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