KARAMELO SANTO

95-06

EXIL 6122-2 / LC 08972 / VÖ: 23.6.2006 / DISTRIBUTION: INDIGO

 

Wer argentinischen Fußball mit Maradona gleichsetzt, dürfte gar nicht mal so viel Widerspruch ernten. Die Musik Argentiniens aber – oft geschehen - auf den Tango zu reduzieren, ist heute ein schwerer Fauxpas. Gerade die Rockszene hat immer wieder belebende Impulse in die Welt geschickt, man denke nur an Los Fabulosos Cadillacs, La Mosca Tsé Tsé oder das Go Lem System. In den letzten Jahren sind in Europa acht Herren aus dem Herzen des Weinanbaugebietes Mendoza zu den Lieblingen des Latinrock- und Mestizo-Zirkels geworden.
Das “heilige Bonbon”, KARAMELO SANTO, quirlt unerhört Ska, Cumbia, Chamamé, Salsa, Mambo, Mariachi, Reggae, Rock und Punk zu einem süchtig machenden Teig. Nun laden sie zu einem knackigen Überblick über ihren Karriere-Parcours ein.

Die Region um die argentinische Stadt Mendoza ist vor allem für eines bekannt – ihren guten Rebensaft, der es auch bis in unsere Regale geschafft hat. Doch in der Stadt gedieh seit 1993 auch ein anderes Gewächs, das - zugegebenermaßen mit ein wenig anderer Zielgruppe – mittlerweile auch in Europa heimisch geworden ist. Zunächst nannten sich die Jungs um die Sänger Guillermo GOY Ogalde und Pedro PIRO Rosafa noch Perfectos Idiotas, sahen aber wohl schnell ein, dass damit überregional kein Blumentopf zu gewinnen sei. Nach dem Beackern verschiedener lokaler Bühnen wählte man also den griffigeren und vollmundigeren Namen KARAMELO SANTO und spielte ein erstes Album namens La Kulebra (1995) ein – benannt zwar nach einer kleinen, ungiftigen Schlange, dennoch schon mit einem bissigem Stilmix legiert. 1997 der Wechsel in die Kapitale: Das Oktett erwählt Buenos Aires’ Hafenvorstadt Boca als neue Homebase, bezieht Quartier direkt neben dem großen Stadion La Bombonera und modelt das neue Domizil in ein Laboratorium nebst Studio um, wo auch andere Bands produziert werden. Für ihr zweites Album greifen sie nochmals nostalgisch den Namen Perfectos Idiotas auf, veröffentlicht wird es auf dem legendären Rocklabel Todos Tus Muertos. Wenig später nehmen sie Argentinien, Chile und Uruguay tourend im Sturm, die USA und Mexiko folgen. 2000 schließlich hat Manu Chao die Ehre, seine Shows in Mendoza und Buenos Aires vom Heiligen Bonbon eröffnen zu lassen.
Señor Chao ist als Gast auch auf dem dritten Wurf der unorthodoxen Rockeiros zu hören: Los Guanchos (2002) und mit dieser fulminanten Scheibe, die Ohrwürmer “Negro”, “Nunca” und “Guerillero ” beinhaltet, etablieren sie sich auch in der Alten Welt – Konzertbesucher dieser ersten Deutschlandtournee werden sich enthusiastisch erinnern. Doch es kommt noch dicker: 2003 bricht man erneut zu den Gestaden Europas auf: Drei Monate dauert diesmal die Tour, während der KARAMELO SANTO auch an der Seite von Metallica, Jamiroquai und Coldplay rocken. Haciendo Bulla (2004) heißt d er nächste Streich der wilden Acht, übersetzt so viel wie: “Eine Menge Krach machen”. Mit diesem Werk werden KARAMELO SANTO endgültig zum Aushängeschild des zeitgenössischen Buenos Aires-Hafen-Rocks, das wiederum bis nach Europa ausstrahlt.

Zurecht, denn Rock-Kenner, Mestizo-Manen und Weltmusikfreaks bekennen übereinstimmend, dass das Gebräu der mittlerweile neun Mannen eines der anregendsten aus Lateinamerika ist. Kaum ein Stil, den die Argentinos, deren aktuelles Line-Up nicht nur Söhne aus Mendoza sondern auch Mitglieder von La Plata bis zum feuerländischen Ushuaïa beherbergt, nicht integrieren. Trotzdem tönen ihre Songs nicht wie ein willkürliches Patchwork, bleiben schlüssig und packend. Mal werden die verzerrt schrammelnden Stromgitarren von GOY und messerscharfes Bläserblech (Nahuel Aschei, Martino Gesualdi und Pablo Clavijo bilden den blasenden Dreier) ausgepackt, im nächsten Moment schlurft man zur Cumbia-Rhythmik und folkloristischem Akkordeon (Lucas Villafañe) über den Tanzboden oder man schunkelt zu Trompeten- und Mandolinenklängen im gemütlichen Walzertakt. Ein Hardrock-Reggae-Knaller alterniert mit Momenten weinseliger Innigkeit, die Gitarren mutieren flink von Surf zu Offbeat zu Metalgetöse. Kurzum: der Sound changiert wild und unberechenbar zwischen ländlich-idyllisch und urban-rotzfrech. Textlich geht es mestizenhaft korrekt oftmals um politische und soziale Missstände - dafür liefern die Ereignisse in Argentinien den beiden Sängern PIRO und GOY ja genug Zündstoff.

Eine turbulente Rundreise durch Rhythmen von der Pampa bis in die Karibik, gebündelt im urbanen Sound von Buenos Aires - und nun erstmals als Gesamtschau über eine ganze Dekade Bandgeschichte vorliegend.

Anspieltipps:
“Fruta Amarga” (1):
Die “bittere Frucht” ist eine meisterhafte Adaption eines Rubén Blades-Klassikers vom letzten Album Haciendo Bulla, mit vollmundigen Geangsharmonien, gepfefferten Horns und wunderbarem Rockfeeling – ein Sommerhit par excellence.
“Vas A Volver” (2): Alles, was den Karamelo Santo-Sound so süffig macht, ist hier platziert: ein schunkelndes Cumbia-Akkordeon paart sich mit gut gelaunten Offbeat-Gitarren, einem Mitsing-Refrain und Blechgewürz.
“La Kulebra Del Amor” (7): Der Klassiker der Band schlechthin: Folkloristische Mariachi-Trompeten in aufgekratzter Eintracht mit polterndem Ska-Galopp.
“Skalibur” (12): Ein hochenergetischer Ska-Kracher aus der Frühzeit der Band, der mit schweren Rockriffs beginnt und dann in eine bläserschwangere Party-Explosion einmündet.

 

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