Putumayo Presents:

Kermit Ruffins

 

EXIL 5670-2 / LC 08972 / VÖ: 24.01.2005 / DISTRIBUTION: INDIGO

Man sagt ihm nach, in seiner musikalischen Persönlichkeit würde eine unglaubliche Verschmelzung von Louis Armstrong, Professor Longhair und Dr. John stattfinden. Mit Sicherheit ist er der innovativste Exponent des alten Jazz aus New Orleans, schafft einen bezwingenden Brückenschlag zwischen der Musik der Marching und Swing Bands und sanfter moderner Erneuerung — und das seit den 1980ern, wo er maßgeblich am Revival beteiligt war, als Gründer der illustren ReBirth Brass Band. Putumayo würdigt den begnadeten Trompeter Kermit Ruffins mit einer quicklebendigen Retrospektive, in der sich die Highlights aus seinen bisherigen sieben, teils vergriffenen Alben verstecken.

Der "modern hipster with the posession of an old soul" - so der treffende O-Ton von Basin Street Records, seiner aktuellen Plattenfirma - wird am 19. Dezember 1964 geboren und wächst im Musikerviertel Treme auf. Mit 17 Lenzen schon schreibt er Musikgeschichte in der Crescent City: Zusammen mit dem Klassenkameraden und Tubisten Philip Frazier gründet der junge Trompeter 1982 die ReBirth Brass Band, die das Revival der Marching Bands ordentlich anschiebt. Bei den ReBirths entwickelt sich Ruffins’ Talent als Komponist und bald auch als Sänger. "Jeder Trompeter seit Louis Armstrong hat gesungen, also dachte ich mir, ich fange wohl besser auch damit an!" Zugleich lernt er, sich in der großen Besetzung mit seinem Gespür für die melodische Linie durchzusetzen — auf sieben Alben ist die bezwingende Story der Brass Band und Ruffins als ihrem Leader festgehalten. 1992 kommt es zum gütlichen Scheiden der kongenialen Partien: Der Trompeter strebt eine Solokarriere an und schwenkt auf den intimer besetzten Swing ein, exponiert den alten Jazz mit einem frischen Ansatz, befreit ihn von seiner Rolle der Touristenattraktion und macht ihn für ein junges Publikum attraktiv.

Das neue Konzept realisiert er mit den Barbecue Swingers, in deren Kernbesetzung der Posaunist Corey Henry, Pianist Emile Vinette und Bassman Kevin Morris agieren, sowie die Drummer Shannon Powell und Jerry Anderson. Für sein Debüt auf Justice Records, World On A String, gewinnt er außerdem weitere erstklassige Musiker, unter ihnen die Tubisten Anthony "Tuba Fats" Lacen und Lucien Barbarin, ein Kind der legendären Familie der Jazzgeschichte der Stadt. Am Piano sitzt gar einer aus einem noch berühmteren Musiker-Clan: Ellis Marsalis.

Drei Auskopplungen sind aus dem Erstling hier zu hören, u.a. das karnavaleske "Kermit’s Second Line", das seine Vorliebe für die Teilnahme an den Second Lines offenbart, den spontanen und intimen Mardi Gras-Paraden in den Gassen von New Orleans. Anspielungen an den Louis Armstrong-Sound geben sich hier schon deutlich zu erkennen, was auf den Folge-Releases noch verstärkt wird: 1994 erscheint Big Butter & Egg Man, aus dem hier das bezaubernde Instrumental "Leshianne" kompiliert ist, eine seiner frühen Eigenkompositionen. Aber auch Stücke vom Idol Armstrong integriert man auf dem Werk, auf dem der frühere ReBirth-Kollege Philip Frazier als Sousaphonist wieder mit im Boot ist. Als der abschließende Teil der Justice-Trilogie mit Hold On Tight (1996) erscheint, beginnt Ruffins Geschmack am Modern Jazz zu finden, angestachelt durch seine Zusammenarbeit mit dem Wunderkind Delfeayeo Marsalis. Die Scheibe changiert zwischen reizenden Old Time Jazz-Perlen wie dem hier gefeatureten "Goodnight" und Ansätzen von Cool Jazz-Attitüde.

1995 realisiert Ruffins einen neuen Traum: Eine Cab Calloway-Dokumentation im TV inspiriert ihn zur Gründung der Kevin Ruffins Big Band, die sich mit 17 bis 20 Musikern zu einem fantastischen Bühnen-Act entwickelt. Parallel dazu blühen jedoch auch die Live-Aktivitäten der Barbecue Swingers auf: 1997 wird für sein neues Label Basin Street Records im Club Tipitinas ein fulminanter Auftritt mitgeschnitten. Durch den finalen Track "Do The Fat Tuesday" werden wir hier Ohrenzeuge jener heißen Nacht. Man glaubt Ruffins sofort, wenn er zugibt: "Von dem Moment an, wo ich morgens aufstehe, fiebere ich meinem abendlichen Auftritt entgegen." Fürs junge Basin Street-Label entsteht ebenso der 1999er-Release "Swing This!", dem hier als Opener "Ain’t Misbehavin" entnommen ist, und das wiederum zwischen traditionellem Material und Exkursionen in freiere Gefilde oszilliert.

Seitdem hat Kermit Ruffins live zuhause in New Orleans und auf weltweiten Tourneen sowie mit den zwei neuesten Alben Big Easy und 1533 St. Philip Street ungebrochene Experimentierlust an den Tag gelegt. Bei seinen regelmäßigen Gigs finden sich Liebhaber des alten Jazz genauso ein wie Musikstudenten und Modern Jazz-Anhänger, Berühmtheiten wie Wynton Marsalis oder Mark Whitfield. Ihm ist es gelungen, die Anfänge des Jazz in eine unverbrauchte Sprache zu übersetzen, ein junges Publikum ist ihm genauso sicher, wie der Respekt der Legenden, bei denen er sich immer wieder gerne Anekdoten erzählen lässt und sich Rat und Tat in musikalischen Dingen holt.


Und das sagt der Meister selbst zu den ausgewählten Tracks:

"Ain’t Misbehavin’: "Ich habe mir immer diese alten Schwarz-Weiß-Videos angeschaut und sah auf einem von ihnen Fats Waller, wie er diesen Song spielt. Einige Zeit später hörte ich die Version von Louis Armstrong und wusste ganz genau, dass ich diese Melodie auch aufnehmen wollte."

"Monday Night In New Orleans": "Dieser Song heißt eigentlich "Christmas Time in New Orleans", eine weitere Nummer von Louis Armstrong. Ich verliebte mich in die Melodie, mir fiel dazu aber ein anderer Text ein. Montagabende sind in New Orleans immer etwas ganz Spezielles gewesen. Ich habe jeden Montagabend im "Donna’s" auf der Rampart Street gespielt und da gibt’s Montags immer Bohnen und roten Reis!"

"On The Sunny Side Of The Street": "Ich habe diese Nummer immer im Jackson Square mit Tuba Fats gespielt. Zu der Zeit hatte ich noch keinen Plattenvertrag und wir sind einfach dorthin gegangen und haben dort für ein Bierchen Musik gemacht. Ich mochte Nat King Coles Version sehr, in der er singt "on the side of the street that’s sunny."

"After You’re Gone": "Noch ein Stück, das ich beim Musizieren mit Tuba Fats im Jackson Square gelernt habe. Ich liebe den Text dieses Songs, wie so oft ist es der Text, in den ich mich wirklich verliebe, bevor ich mich entschließe, eine Tune aufzunehmen. Eine traurige Melodie, aber Traurigkeit ist eben auch ein kleiner Bestandteil unseres Lebens."

"Wrap Your Troubles In Dreams": "Ein Freund von mir schickte mir ein Tape, auf dem dieser Song drauf war. Einer von diesen Songs, in die du dich sofort verliebst und zu denen jeder einen Bezug aufbauen kann. Klingt vielleicht sehr simpel, aber manchmal ist es einfach am besten, wenn du deine Sorgen in Träume einpackst und sie wegträumst."

"Goodnight": "Das ist eine meiner eigenen Kompositionen. Als ich Mitte der Neunziger die CD Hold On Tight aufnahm, hatte ich etliche Liebeslieder geschrieben und einige davon haben wir aufgenommen. Du weißt, wie es ist, wenn Liebe dich umgibt."

"Leshianne": "Ich habe ein Faible dafür, besondere Lieder für besondere Leute zu schreiben. Das ist eins von ihnen."

"When My Dream Boat Comes Home": "Noch eine Tune aus den Tagen im Jackson Square. Die Posaune, die man am Anfang des Songs hört, klingt wie das Signal des Dampfschiffs, das den Fluss hinunterfährt. Wahrscheinlich habe ich im Jackson Square mehr von diesen alten, wunderbaren Melodien gelernt, als irgendwo anders."

"Kermit’s Second Line": "Etwas ganz Einfaches, ein Partysong im Stil der Blechblascombos, die bei den Second Lines spielen. Wir hatten eine Menge Spaß im Studio und ich denke, man hört das!"

"Bye And Bye": "Louis Armstrong — diesen Song habe ich zum ersten Mal aus einer Jukebox gehört als ich irgendwo zu Mittag aß. Wie er den Song zu Ende brachte, das hat mich inspiriert, ihn selbst aufzunehmen. Wenn man Louis Armstrongs Version anhört, dann hört man, wie er diese wirklich hohen Töne meistert. Ich habe einen Gospelchor hinzugefügt, denn es schien mir sehr natürlich zu sein für dieses Stück."

"Do The Fat Tuesday": "’Mardi Gras’ bedeutet ‘fetter Dienstag’ bei uns in New Orleans. Ich wollte einen lustigen Song über den Mardi Gras aufnehmen, und der ‚fat tuesday’ ist eigentlich ein Tanz, den wir hier im Viertel erfunden haben. Wir spielen den Song und ihr tanzt dazu!"

 

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