Ojos De Brujo

BARI

EXIL 4276-2 LC 08972 VÖ: 15.3.2004 DISTRIBUTION: INDIGO

 

"Right now, I think OJOS DE BRUJO is my favourite group in the world." (Charlie Gillett, BBC )

Die "beste europäische Band" der Weltmusik-Szene — seit Ende Januar ist das amtlich: Die BBC kürte OJOS DE BRUJO, das ungezähmte Kollektiv aus Barcelona, zum Sieger des "Award for World Music". Nach kurzem Anlauf bringt die schillernde Band also auch die Musiklandschaft außerhalb Spaniens in mächtige Erschütterung. Pionierhaft hat die katalanische Sound-Guerilla Flamenco mit HipHop getränkt, Rumba, Reggae und Rap verzahnt. Ihr Meisterwerk Barí erscheint nun als revolutionäres Klangdokument des jungen Mittelmeer-Milleniums bei Exil Musik.

Mitte der Neunziger packt den Bassisten JuanLu die Reiselust. Im Barrio Chino von Barcelona aufgewachsen, durch Projekte in Rock, Pop, Jazz und Flamenco gleichermaßen genährt, macht er sich auf nach L.A. und Brasilien, um neue Einflüsse aufzusaugen. Bei seiner Rückkehr in die katalanische Metropole stößt er auf den Gitano Ramón Giménez, der die Rumba mit der Muttermilch aufgesogen hatte, sich aber als Gitarrist bis in den Heavy Metal-Bereich vorgewagt und schon als Jugendlicher für die Breakdance-Bewegung begeistert hatte. Außerdem gesellte sich Dani El Mono Loco zu den beiden, ein unorthodoxer Produzent und Kopf der Band Macaco. Nach etlichen Jam-Sessions geraten die drei in den Umkreis eines alternativen Künstler-Kollektivs, in dem sich seit Jahren schon rege Aktivitäten von Musik und Tanz über Theater und Kino bis hin zu graphischer Kunst entfalten. Aus dieser wuselnden "Fábrica de Colores" kristallisiert sich um das Trio ein multinationaler musikalischer Ableger heraus, der sich den magischen Namen OJOS DE BRUJO gibt.

Schillernde Artisten prägen diese sich regelmäßig mit neuen Köpfen bereichernde Band von ihrer frühesten Phase bis heute: Da wäre die einzigartige Sängerin Marina "La Canillas" Amad, eine gebürtige Valenciana, die mit 11 Frauen in der Straßen-Theatergruppe Aguita Troupe wirkt. Als ihr Ramón und Juanlú auf Formentera ein Tape mit ihrem neuen Flamenco vorspielen, siedelt sie ohne zu zögern nach Barcelona über, stellt sich in den Dienst der neuen Fusion. Da ist Cajón- und Tabla-Maestro Xavi Turull, der seine Meriten auch schon bei Ketama oder der Popsängerin Rosario Flores verdient hatte, einen reichen Erfahrungsschatz auch aus der kubanischen Musik mitbringt. Die Percussion-Sektion wird verfeinert durch Sergio Ramos und Max Wright, letzterer zaubert nicht nur mit den Fingern sondern auch mit seinen Stimmbändern die Beats, deren elektronisches Fein-Tuning von DJ Panko in den Mix eingespeist wird. Loli schließlich sorgt für den authentischen Flamenco-Tanz, aus Chile stößt später Antonio Restucci mit seinen Saitenzaubereien dazu.

Das alternativ-musikalische Biotop Barcelona heißt seit einigen Jahren nicht umsonst "Zona Bastarda". Wo auch schon Manu Chao, Wagner Pá, Macaco, Dusminguet oder 08001 gediehen, wo Rumba Catalán, Flamenco, und Club-Kultur Tür an Tür existieren, im Barrio Gótico, bietet sich der ideale Nährboden für die verrückten Ideen der OJOS. Hier verschmelzen die Bausteine der Band schließlich auch zu ihrem charakteristischen Stil, imposant eingefangen auf ihrem ersten Album Vengue (2001). Die Basis ist ihre gemeinsame Liebe zum Flamenco, und der aus ihm entwickelten Rhythmen wie Rumba, Tango, Tanguillo, Bulería, Soleá - darauf und darunter schichtet man dann in lustvoller Mestizen-Manier HipHop und Funk, Reggae und Ragga, aber auch kubanischen Son: "Zwischen Bulerías und Funk gibt es durchaus Verwandtschaften im Rhythmus, Reggae und Tango vermählt sich ebenso ohne Zwang", erklärt Ramón im Interview mit Silvia Calado Olivo von www.flamenco-world.com. "Super Flamenco" nennt Marina die gewagte Synthese und sieht sich mit den OJOS durchaus in der Nachfolge klassischer Flamencos wie Camarón, dem sie ein Stück gewidmet haben: "Flamenco war von jeher eine Mischung, ob das nun die Puristen mögen oder nicht. Er hat von arabischen, jüdischen, andalusischen Quellen getrunken. Die Gitanos haben zum Austausch beigetragen mit ihrem Nomadentum, haben ihre Elemente dazugegeben und von Andalusien mitgebracht. OJOS DE BRUJO folgen lediglich den Flamenco-Künstlern, die schon immer für eine Öffnung standen wie Camarón. Der Flamenco wechselt sein Gesicht, so wie seine Umgebung, war immer sowohl Ausdruck persönlicher, existentieller Gefühle wie auch Klage und Protest gegenüber der sozialen Realität."

"Die Augen des Hexers" - so die Übersetzung ihres Namens. Und verhext haben sie sowohl Fachwelt als auch Publikum in ihrer kurzen Historie: Von der "Weltmusikmesse" WOMEX bis zu WOMAD (www.bbc.co.uk/radio3/world/awards2004/profile_ojosdebrujoeurope.shtml), von der PopKomm bis zu den Pirineos Sur bohrte sich ihre Pionier-Mischung aus Flamenco und urbanem Beat, aus Rumba, Reggae und Rap in die Gehörgänge wie der explosive Absatz eines Tanzschuhs in den Pflasterstein der Altstadtgassen. Das erste Mal in der Geschichte der spanischen Musik siedeln nun völlig natürlich, ja, symbiotisch, Scratches und Sampling neben seelenvollem Cante und Cajón-Perkussion, Gypsy-Gitarre und funkigem Bass. Ein Warnsignal an die seichte "Lolailo"-Fraktion, die Seele des Flamenco nicht zu verraten, seine Wurzeln auf der Straße wiederzuentdecken.Das zentrale Werk in der kurzen Bandgeschichte, jenes Opus, auf dem sich die Essenz all der Farben, die OJOS DE BRUJO auf ihren wilden, zuweilen anarchischen aber immer traditionsbezogenen Aktionsflächen herauskristallisiert, verkörpert sich zweifellos im Album Barí. In Spanien ist die Scheibe bereits im September 2002 erschienen. Und schnell war man sich im vibrierenden Mestizen-Zirkel Barcelonas einig: Dieses Album ist der revolutionäre Soundtrack eines neuen, libertären mediterranen Lebensgefühls. Es avanciert zum Leitstern unzähliger Combos aus den Barrios links und rechts der Ramblas.

Die Botschaft der Straße und der Offenheit gegenüber Veränderungen zeigt sich auf Barí gleich mehrfach. Es präsentiert sich als Gesamtkunstwerk, an dessen Booklet die Straßenkünstler und Graffiti-Meister der "Fábrica de Colores" maßgeblich beteiligt waren. Die Lyrics künden von urbanem und globalem Engagement, erzählen von Liebe genauso wie vom fahrenden Volk und von der Armut maghrebinischer Street Kids im Barrio. Kastillanische Verse vermengen sich mit den lautmalerischen Anfeuerungsrufen aus der Gitan-Sprache Caló. Aus diesem Idiom stammt auch der Albumtitel: Barí — verwandt jener geheimnisvollen Kraft, die dem Flamenco innewohnt, dem Duende. Einem, der den Duende wie kaum ein anderer verkörpert hat, der Flamenco-Legende Camarón De La Isla, widmen sie einen Ohrwurm. Und die speziell für diesen Sound entwickelten Electronica des Band-DJs Panko, der mit den "Remezclas De La Casa" kürzlich ein hitziges Remix-Œuvre für die Band gezaubert hat, fügen sich subtil in die rhythmischen Flächen ein. Trancehaft sickert eine Zambra ins Ohr, zackig tobt eine aufgekratzte Bulería im Finale. Nicht zuletzt vollzieht man eine spannende Globalisierung durch Gäste wie den ungarischen Geiger Zoltan Lantos oder den Senegalesen Cheikh Lô.

Mit Barí begibt sich der Hörer in die Brutkammer der neuesten Mestizo-Töne — ein hochaktuelles Zeugnis dessen, was in Barcelona derzeit zwischen Tradition und Urbanität mach- und wagbar ist.

Anspieltipps:

- ´Tempo De Soleá" (2): Harsche Gitarrenattacken verbünden sich mit flinken Scratches und dem stechenden, quasi Sprechgesang von Marina — ein bezwingender Auftakt, basierend auf dem traditionellen Soleá-Rhythmus.

- "Quien Engaña No Gana" (5): Ein Paradebeispiel für den "HipHop Flamenkillo" mächtiges Beat-Programming von Macacos Dani, ein Flamenco-Refrain mit Palmas, indische Tabla und Mouth Percussion von Max Wright bilden den fesselnden Rahmen für haarsträubend rasanten kastillanischen Rap.

- "Zambra" (6): Das Wort "Zambra" geht auf eine Festlichkeit der Mauren mit Musik und Freudengeschrei zurück, bezeichnet heute eine Form der Hochzeitsfeier bei den Gitanos von Granada. OJOS DE BRUJO haben diese Atmosphäre trancehaft überhöht: Kreisende Gitarren vereinigen sich mit funkigem Bass und einer fast technoiden Rhythmus-Sektion zu einem feurigwirbelnden Tanz.

- "Bulería Del Ay!" (10): Ein Meisterstreich an rhythmischer Verzwirbelung. Ramóns perkussive Gitarrenbehandlung verquickt sich mit den feurigen Exklamationen Marinas, ein rasant pochendes Intermezzo mit Slap-Bass und Trompetenfanfaren krönen das Stück.

 

 

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