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(compiled by dj floro)

Republic Afrobeat

EXIL 2826-2 | LC 08972 | VÖ: 16.06.2003 | DISTRIBUTION: INDIGO

FELA - For Ever Lives Afrobeat: eine Verheißung, die sich in den fünf Jahren seit dem Tode des Afrobeat-Meisters Fela Anikulapo Kuti in vielen Facetten erfüllt und enthüllt hat. Sein Sohn Femi hat das zündende Gebräu aus Funk, Jazz, Highlife, traditionellem Yoruba-Erbe und radikalen politischen Aussagen ins 21. Jahr-hundert übersetzt und trägt das Erbe des Vaters um die Welt. Felas Platten selbst sind zu einem großen Teil digitalisiert und neu veröffentlicht worden. Sein Drummer Tony Allen feiert auf eigenen Veröffentlichungen und als multipler Sideman seinen zweiten Frühling. Und nicht zu vergessen: das exzellente AIDS-Benefiz-Projekt Red, Hot & Riot, auf dem sich Jazzer und Weltmusiker von Archie Shepp über Sade bis Baaba Maal im Geiste Felas zu einem zeitlosen Afrobeat-Blend vereinigten. Auch DJs und Dancefloor-Cracks wie Masters At Work haben ihre Remixe von Kuti-Klassikern schon auf der ein oder anderen Kompilation gestreut. Doch nun kommt die erste komplette Fela-Clubscheibe von der bündelnden Hand eines Afrobeat-Verrückten aus dem sonnigen Spanien zu uns: Republic Afrobeat schickt die Botschaften des Präsidenten der Kalakuta Republic mit bezwingender Wucht ins Tanzbein. Die gigantischen Kracher bezeugen die globale Bedeutung des Nigerianers: Denn neben Femi Kuti und Tony Allen hat sich mit Fatboy Slim, Snowboy und Ashley Beedle auch die Speerspitze der Dancefloor-Historie versammelt.

Zum fünften Todestag von Fela am 2.8.2002 organisierten Afrobeat-Jünger aus Madrid ein dreitägiges Festival, um in den kleinen Clubs der iberischen Metropole die Ideen und Musik ihres Idols zu würdigen. Aus den Reihen der teilnehmenden Pultmeister traten dann drei Kreativ-Köpfe hervor und gründeten die Cultural Association Afrobeat Project, um die Tribut-Aktivitäten auf ein weiterführendes Level zu bringen. Federführend in diesem Zirkel wurde Floren Cuadrado alias DJ Floro, dessen sicheres Händchen für Kompilations-Künste wir auch hierzulande schon beobachten konnten: Er ist das Mastermind, das hinter den Radical- und Digital Mestizo-Kollektionen steckt, die treffsicher und spannend wie keine anderen Sammlungen kürzlich die Umtriebe der Alternative Latin-Szene dokumentiert haben.

Auf Republic Afrobeat protokolliert Cuadrado nun mitreißend, wie tief die Sounds aus dem Shrine, jenem legendären Tanztempel Kutis in Lagos, seit Felas Dahinscheiden in die Clubs der Welt eingepflanzt worden sind. Und wir werden Zeuge, wie sich in geradezu mystischer Weise durch den Afrobeat-Boom die Aussage von Felas zweitem Namen bewahrheitet: Anikulapo bedeutet "der den Tod unter Kontrolle hat".

Die Tracks:

Mit nur zwei Platten katapultierte sich der ehemalige Housemartin Norman Cook alias Fatboy Slim an die vorderste Front der Big Beat-Fraktion. "You’ve come a long way, baby" avancierte 1998 zum meistgespielten Club-Album des Jahres und auf seinem letzten Opus vollbracht er das Kunststück, sowohl Kollaborationen von Macy Gray als auch Bootsy Collins in seine innovative Dancemusic einzubauen. Für die Afrobeat-Republik zündet der Mann aus Brighton eine veritable House-Rakete: "First Down" ist eine atemloser Remix von Felas "Roforofo Fight" aus dem Jahre 1972.


Getrost kann man die Kwanzaa Posse als hauptverantwortlich für den aktuellen Dancefloor-Craze der Italiener bezeichnen. Das 1991 gegründete Kollektiv um Enzo "Soul Fingers" Rizzo, Nuccio "KeyB" Tortora und Angelo "Funk Master Sweal" Tardio hat den Afrodance à la Mediterranea mehr als salonfähig gemacht, ihre Remixes für Stars wie die Negresses Vertes, Mano Negra, MC Solaar oder Khaled stehen hoch im Kurs. Mit "Wicked Funk" offenbart sich ein gar nicht so böser, sondern reichlich entspannter Hybrid aus Originaltönen einer der größten Kuti-Hymnen "Cross Examination" und "Sorrow, Tears and Blood".

"Ich bin sehr stolz auf meinen Vater", sagt Felas Ältester. "Er hat für den Afrobeat das getan, was Miles Davis für den Jazz, Marley für den Reggae getan haben." Femi Kuti hat aus einer spannungsgeladenen Vater-Sohn-Beziehung das Beste extrahiert und vermittelt das Erbe des Übervaters mit einer zeitgenössischen, danceorientierten Note — und erntete dafür sogar noch den späten Segen und das dicke Lob Felas, der seine Musik über lange Zeit geringgeschätzt hatte. Auf bislang vier Alben kann man Femis packendes Teaming-Up von Afrobeat mit Soul und HipHop verfolgen. Auf dem aktuellsten, Fight To Win, kollaborierte seine Band The Positive Force im trancegleichen, durch neblige Hammond und weitschweifende Sax-Interludien geprägten "Missing Link" unter anderem mit dem weltoffenen, Grammy-nominierten Rapper Common aus Chicago, der zu seinen Studiokollegen schon Prince und Erykah Badu zählen konnte.

Als Remixer sowohl für den Vater als auch den Sohn sind die beiden Puerto-ricaner "Little" Louie Vega und Kenny "Dope" Gonzalez schon in Erscheinung getreten. Unter dem Pseudonym MAW (Masters at Work) mischt das Bronx-Brooklyn-Doppel seit Ende der Achtziger in der ersten Liga der Latin House-Szene im Big Apple mit. Ihre Kapazitäten erstrecken sich von lateinamerikansichen Rhythmen bis hin zu Ragga und House, viele Dance-Remakes von Neneh Cherry, Daft Punk, Donna Summer, George Benson und anderen tragen ihren Stempel. "Zombie" von 1977 wird bei den MAW gestrafft zum knackigen Dancefloor-Funk "Zoe".

Soul, Jazz und Funk kanalisiert mit den Beats des House — dafür steht die "Garage"-Bewegung, die Mitte der Achtziger in NY, Chicago und Baltimore keimte. Das Duo Blaze (Josh Milan und Kevin Hedge) aus Newark, New Jersey gehören zu den herausragenden Köpfen dieser vokalgeprägten House-Facette, zu deren wesentlichen Zügen der Transport politischer Botschaften gehört. Wie geschaffen ist diese Geisteshaltung also dafür, sich dem Werk Kutis anzunehmen, was die beiden mit dem "Revolution Poem" geradezu hypnotisch umsetzen.

Legionen innovationswilliger Schlagwerker hat er geprägt: Tony Allen, von 1968 bis 1979 der Kreator der ausgebufften Rhythmen von Felas epischen Tunes, der Cross-Metriker von Africa 70, dem nur wenige das Wasser reichen können. Bis heute ist der wahre Schöpfer des Afrobeat unermüdlich auf der Suche, wie sich Jazz, HipHop, R&B und Dub kontemporär mit Felas Erbe paaren lassen und braut ein ums andere Mal untergründige Eintöpfe zusammen. Gerade eben erst erschien sein neuestes Elaborat Homecooking, dem "Woman To Man" entstammt, ein sperriger Afro-Hop mit Anklängen an Pidgin-Verse und Yoruba-Chants.

Hinter Digi Onze verbirgt sich der Musiker, Komponist, Soundtüftler, DJ und Remixer Javi Pez aus dem baskischen Donostia. Alternative Latin-Freaks hierzulande dürften ihn von der Formation Parafünk kennen, die er Anfang der Neunziger ins Leben gerufen hatte. Seine Remix-Künste hat er unter anderem schon für die baskischen Brüder von Negu Gorriak aber auch für internationale Größen wie Pizzicato Five anwenden können. "Safar-Hari"stützt sich mit brillant aufgefächerter rhythm section auf Felas "Shakara"-Klassiker von 1971.

Als Pionier des Acid Jazz ist der Brite Mark Cotgrove aka Snowboy in die Annalen der Dance-Historie eingegangen. Verrückt nach der Percussion-Arbeit von Eddie Palmieri und Airto Moreira ging er schon als junger DJ auf Entdeckungstour im Reich afro-kubanischer und brasilianischer Rhythmuslehre mit seinem Lehrer Robin Jones. Als er 1988 bei Acid Jazz-Papst Gilles Peterson sein Debüt herausbrachte, hatte er schon mit Tex-Mex-Legende Flaco Jimenez und Matt Bianco zusammengearbeitet, ging später mit Lisa Stansfield und dem James Taylor Quartet auf Tour. Mit seinem afro-kubanischen Tanzalbum von 1994 stieß er schließlich bis auf Platz 11 der UK-Indiecharts vor. Heute ist er unbestritten die Nummer Eins auf der Insel, was Latin Percussion anbelangt. Sein jüngstes Werk, von denen es mittlerweile elf gibt, erschien kürzlich auf dem spezialisierten Label Ubiquity in San Francisco. "Jazzakuti" stammt vom 1996 enstandenen Album "M.F.O.S." ("The Many Faces of Snowboy") und bietet einen exzellenten Einblick in sein Vermögen, vielfältige Stile zu verarbeiten. Sein Afrobeat-Tribut enthält ein atemberaubendes Trompetensolo von Paul Jayasinha.

Als trinationales Kollektiv gingen Ende der Neunziger Zuco 103 in Amsterdam an den Start: Stefan Kruger und Stefan Schmid, ein holländischer Programmer/Drummer und ein deutscher Keyboarder, die schon etliche Zeit zwischen Jazz und Electronica gependelt waren, klinkten sich in den brasilgefärbten Dancefloor ein, als sie auf die flexible Vokalistin Lilian Vieira aus Rio de Janeiro trafen. Das Dreiergespann zeichnet auf dem innovativen Label Ziriguiboom tabulos neue Konturen zwischen Elektro-Samba, kontemporärem Funk und brasilianischen Folk-Schnipseln. "Peregrino", ein vorwärtstreibender Hit aus ihrem aktuellen Werk "Tales Of A High Fever" wurde gar schon vor adeligem Geblüt erprobt: Die drei spielten die Nummer vor einem begeisterten Publikum, das im Ajax-Stadion zur Hochzeitsparty des niederländischen Thronfolgers erschienen war.

Aus dem legendären Ambient Free Style-Club Departure Lounge in NY ging Adam Goldstones Projekt Cultural Mambo hervor. Dub, Ambient, Slow Disco und Spoken Word entfalten sich auf seinem aktuellen Werk "Lower Eastside Stories", das Kritiker als die beste Stunde Tanzmusik aus dem Manhattan des Jahres 2001 bezeichneten. Seine Nu Afro-Seite zeigte Goldstone mit unverkennbar dubbigen Anteilen auf der vorangegangenen Maxi "Docking In The Outer Space", die sich hier in ihrer ganzen stolzen Länge in die Fela-Würdigungen einreiht.

Nochmals ein Landsmann von Kuti: Olufemi Sanyaolu alias Keziah Jones, einer der unvorhersehbarsten Songwriter des UK. Als Rebell gegen seinen Vater, einen nigerianischen Häuptling und wohlhabenden Industrie-Hai, entwickelte Keziah in der harten Schule der Straßenmusik von London und Paris einen unverwechselbaren Stil, der Anteile aus rauem Blues und straightem Akustik-Funk zu gleichen Portionen vermählt. Zu seinen Einflüssen zählen Prince, Curtis Mayfield oder Marvin Gaye — alle sind auf seinem dritten Opus "Liquid Sunshine" spirituell präsent, an der Seite von experimentellen Anklängen an Tricky. Mit "Suffering & Smiling", einem Remake des gleichnamigen Fela Kuti-Stückes von 1978, besucht Jones seine Roots mit hitziger Vokalarbeit.

Einer der ganz großen des britischen Afro-House gestaltet die Zielgerade von Republic Afrobeat. Ashley Beedle, Protagonist bei den Ballistic Brothers oder dem Black Science Orchestra, akzentuiert mit seiner neuesten Formation Black Jazz Chronicles neuerdings die tribale Seite des UK-House, die er mit Afro-Jazz verknüpft. So geschehen in "The World Will Rock", das sich auf fast futuristische Weise in die Fela-Komposition "ITT" einklinkt und subtil groovende Drones unter die fulminanten Sax-Linien legt.

Ob Kuti wirklich tot ist, mag man nach dem Genuss dieser Kollektion ernsthaft in Zweifel ziehen. Der Afrobeat-Boom jedenfalls scheint erst seinem Zenith entgegenzusteuern. Tobias, Spezialist für Clubsounds bei Berlins Radio Multikulti, kommt zu folgendem Schluss:

"Der bislang gelungenste Beitrag zum Afrobeat Revival der letzen Jahre. Republic Afrobeat tritt den Beweis an, dass von Fatboy Slim über Masters at Work und Blaze bis zu Keziah Jones, bislang noch jeder Groove-Spezialist der Autorität und Faszination des "Black President" Fela Kuti erlegen ist. Ein Muss."

 

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