Putumayo Presents:

Dreamland

EXIL 2606-2 | LC 08972 | VÖ: 19.05.2003 | DISTRIBUTION: INDIGO

Gerade in einer Zeit der weltpolitischen Barbarei dürfen wir uns ins Gedächtnis rufen, dass unsere Kinder das schützenswerteste Gut für die Zukunft der Erde sind. Behütet sollen sie aufwachsen, doch zugleich keine heile Welt vorgespiegelt bekommen — eine schwierige Gratwanderung. Mit dem "Playground"-Quartett ("World Playground" 1 + 2, "Latin Playground", "African Playground") hat Putumayo das Verständnis für Weltkulturen spielerisch zu wecken versucht. Um den Kleinen diese Vielfalt auch ins Traumreich mitzugeben, öffnet sich nun ein Schatzkästchen voller Schlaflieder. Mit akustischen Betthupferln aus Benin, Madagaskar, Kanada, Südafrika, Mexiko, Australien, Brasilien, Schottland, den USA, Japan, Argentinien und Tatarstan erfährt man: das Sandmännchen kennt keine Landesgrenzen und Hautfarben.

Eine äußerst angenehme Überraschung steht schon an der Pforte zum Traumland. Die Yoruba-Frau Angélique Kidjo aus Benin wurde in Europa durch die Band Pili Pili bekannt. Für ihre anschließende Solokarriere in den Neunzigern packte sie die Tradition ihrer westafrikanischen Heimat in poppig-funkige Arrangements. Als Nichte eines Voodoo-Priesters und Adeptin des Pythonschlangen-Kultes würde man ihr aus europäischer Perspektive eine so sanfte Seite vielleicht gar nicht zutrauen. Doch mit "Naïma" (1) hat sie ihrer eigenen Tochter ein anrührendes Wiegenlied geschenkt, das von

Carlos Santana kongenial einfühlsam unterstützt wird. Der Track stammt aus Kidjos bahnbrechendem 1996er-Werk "Fifa". Passend zum Thema: seit 2002 ist der Afropop-Star als UNICEF-Botschafterin unterwegs.

Mit "Ny Fitiavako An’ Mama" (2) erinnert sich ein Großgewordener an die Wiegenlieder, die ihm seine Mutter früher sang. Madagassische Musik einmal ganz zurückhaltend und intim, mit ruhiger Gitarrenbegleitung und einer schlichten Melodie: "Du bist mein Schutz vor Regen, du bist der Anker im Ozean meines Lebens, immer werde ich deine Liebe und Fürsorge brauchen", singt der Poet Erick Manana, der Einflüsse für seine Chansons aus der Tradition des Hochlandes seiner Heimat zieht, sich aber ebenso von afrikanischen und brasilianischen Einflüssen begeistern lässt. Der Preisträger des Prix Media Adami von Radio France Internationale war sogar schon mit Miriam Makeba auf Tour.

Das keltische Erbe Nova Scotias wird schon in den ersten Takten von Teresa Doyles "Lullabye"(3) spürbar. Mit zartem, wiegendem Folk-

Arrangement hat die Kanadierin, die sich schon auf "World Playground" mit einem Spuksong eingebracht hatte, eine Melodie ausgearbeitet, die sie in einer alten schottischen Liedsammlung entdeckt hat.

An der Seite von Oumou Sangare und Sally Nyolo tourte sie als charismatische Vertreterin Südafrikas im "Women of Africa"-Projekt 1998. Sibongile Khumalo entfaltet ihre Aktivitäten allerdings nicht nur im Weltmusik-Zirkel. Als Jazz-Chanteuse fühlt sie sich im Londoner Club Ronnie Scott’s genauso zuhause wie auf der Opern-Bühne in Johannesburg im Rahmen einer Verdi- oder Händel-Aufführung. Ihr klassisches Stimm-Volumen kommt in "Thula Mama" (4) wunderbar zur Geltung. Mit einem ergreifenden Chorsatz geleitet Musik aus Soweto ins Reich der Träume. Khumalos Song geht auf ein Schlaflied der Zulu zurück und findet sich auf dem mit Gold dekorierten Album "Ancient Evenings", einem bezwingenden Mix aus Popballaden, Township Jazz und tribalem Gesang. Nach ihrer Teilnahme auf dem Klassiker "Women Of Spirit" ist dies ein neuer starker Auftritt der Zulu-Frau für Putumayo.

Mit Lila Downs ist die Musik der mexikanischen Indianer kürzlich stärker ins Bewusstsein des hörenden Menschen gehoben worden. Doch auch andere Künstlerinnen Mexikos bedienen sich ihrer Indio-Roots, um neue kreative Pfade zu erkunden. Eine von ihnen ist die bei uns noch völlig unbekannte Claudia Martinez, die nach einem klassischen Gitarrenstudium in Mexiko City die Tradition der Zapoteken aus der Landenge von Oaxaca entdeckte. Mit "Arriba Del Cielo" (5) allerdings greift sie in spanischer Zunge ein kreisendes Schlaflied aus dem Staat Guerrero auf, in andächtiger A-Cappella-Manier: "Schlaf, mein Kind in meinen Armen, ich habe noch viel zu tun, muss deine Windeln waschen, kann nicht ruhn’."

Das komplexe Traum-Bewußtsein der australischen Ureinwohner ist für Abendländler kaum zu begreifen. Der moderne Aborigine jedoch hat sich stark von westlicher Musik beeinflussen lassen, um seine Kinder ins Traumland zu schicken. Die Letterstick Band, deren Mitglieder dem Ann-Barra-Klan au Northeast Arnhem Land entstammen, demonstrieren mit der Akustik-Miniatur "Yi-Rrana" (6) einen Sonnenuntergang. Ihren Namen führt die Gruppe auf ein "Nachrichten-Holz" zurück, auf dem der Klan bis heute wichtige Messages eingraviert. Kaum eine andere Aborigine Band hat eine so originelle Synthese geschaffen wie die "Lettersticks", die mit Rock, Reggae, Didgeridoo-Spiel und traditionellen Gesang arbeiten und sich oft an die verzweifelte Abo-Jugend in den australischen Städten wenden, um ihnen rootsigen Rückhalt zu geben.

Im selben akustischen Feeling geht es auf der anderen Seite der Südhalb-kugel weiter: Virginia Rosa aus São Paulo singt zur Gitarre ein sanftes Schlummerlied, eine relaxte Mundharmonika improvisiert über der Triangel: "Da geht jemand in die Nacht hinaus und bringt alles, was das Herz begehrt", heißt es in "Lá Vai Alguém" (7). Rosa, die in den Achtziger als Background-Sängerin von Itamar Assumpção debütierte, trat 1998 mit einem wenig bekannten, aber exzellenten Solo-Meisterwerk namens "Batuque" in Erscheinung, auf dem sie Songs von Lenine oder Chico César interpretierte, produziert von Césars Drummer Swami Jr.

Ins Reich der Märchen geraten wir mit Lynn Morrison, ganz in der Tradition schottischer Balladen. Die Sängerin fand man früher in den Reihen der Formation Iron Horse, unter Kennern des Scottish Folk eine der exzellentesten Bands Schottlands. "Cradle Spell of Dunvegan" (8) erzählt die Geschichte eines Kindes, dessen Vater ein Mensch ist, die Mutter allerdings eine Fee, die bald wieder in ihr Reich entschwindet. Nächtens jedoch kehrt sie zurück, um ihr Kind in den Schlaf wegen zu können. Der Titel erinnert an die besten Zeiten der irischen Gruppe Clannad und stammt vom hochgelobten Album "Cave Of Gold", auf dem Morrison von einer illustren Schar Gastmusiker unterstützt wird, unter ihnen Marc Duff, Ex-Flötist der schottischen Folkband Nummer Eins, Capercaillie.

"Numi Numi" (9) ist eine Ballade, die sich mit dem wunderschönen Klang des Hebräischen schmücken kann. Ausgegraben hat sie die US-Amerikanerin Tanja Solnik, die ein großes Interesse an alten jüdischen Schlafliedern hat und auf ihrem Label Dream Song Recordings in Nashville bereits zwei komplette Alben mit Lullabies in Jiddisch, Ladino und Hebräisch veröffentlicht hat. Seit frühem Kindesalter ist Tanja in den großen TV-Shows aufgetreten, hatte zeitweise ihre eigene Countryband und ist nun regelmäßig mit ihrer schönen Stimme im Creative Arts Temple in L.A. zu hören. Dieses Kleinod zählt zu ihren schönsten Entdeckungen: "Schlaf, mein kleiner Liebling. Papa ist zur Arbeit gegangen, er kommt wieder, wenn der Mond aufgeht und bringt seinem Kleinen etwas mit."

Fast bekannter als japanische Folkmusik selbst ist in unseren Breiten die Tradition des zu Japan gehörenden Okinawa-Archipels im ostchinesischen Meer. Lange unter US-amerikanischem Einfluss stehend haben sich die dortigen Roots teils mit Rock’n’Roll vermischt. Vor allem im Spiel des Nationalinstruments Sanshin jedoch, einem dreisaitigen "Banjo" mit Schlangenhautbespannung, konnte sich Authentisches halten. Kanji Yano von der Ein-Mann-Truppe Sanshin Cafe Orchestra verwendet es in seinem "Cradle Song" (10) als Leadinstrument.

Als Ururenkelin des unbeugsamen Mapuche-Häuptlings Coliqueo kämpft Beatriz Pichi Malen nun mit musikalischen Waffen für den Erhalt der alten Indianerkultur Argentiniens. Seit zwei Jahrzehnten ist sie unermüdlich unterwegs, um auf Workshops und Seminaren traditionelles Liedgut und Tanz zu vermitteln. Mit Auszeichnungen bedacht konnte sie 2000 ihr erstes Album "Plata" veröffentlichen und wurde als Opener für die argentinischen Shows des Joe Zawinul Syndicates ausgewählt. "Canción Para Dormir A Un Niño" (11) ist das Mapuche-Wiegenlied einer Großmutter: "Die Kinder weinen, die Füchse kommen, die Kinder haben Angst. Schlaf ruhig, mein Kleines, der Fuchs ist wieder weggegangen."

Als Background-Sängerin von Chico Buarque und Toquinho startete Fortuna ihre Karriere in der Heimat Brasilien. In den Neunzigern, während einer Tour durch Israel, entdeckte sie als Abkömmling der jüdischen Gemeinde São Paulos ihre Begeisterung für die Musik der sephardischen Juden und verschrieb sich bald ausschließlich dieser wenig bekannten Facette südeuropäischer Tradition. In der ladinischen Sprache der Sepharden steuert sie ein traumhaftes Wiegenlied namens "Durme Durme" (12) bei.

Von der Udmurtischen Republik, in der das Tataren-Volk lebt, hätten wir wahrscheinlich nie erfahren, gäbe es nicht die schillernde Vokal-Künstlerin Zulya. Von ihrer Wahlheimat Australien aus hat sie in den letzten Jahren eine einzigartige Neudefinition zentralasiatischer Liedkunst geschaffen, koppelt tatarische Traditionals mit zarten Jazz-Beigaben. Mit ihrem beruhigenden "Lullaby" (13) sind wir endlich im Reich der Träume angekommen.

"Der Mond ist aufgegangen" und "Heidschi Bumbeidschi" haben globalen Zuwachs bekommen - und was bei Mondenschein und Sternenfunkeln in den Kinderzimmern anderer Kulturkreise erklingt, wirkt auch bei Erwachsene wie Balsam für die Seele.

 

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